Salzburger Nachrichten

Ein letztes Lebenszeic­hen der alten Garde Kubas

Buena Vista Social Club verabschie­det sich mit Tournee und einem Sammelsuri­um alter Stücke.

- – Lost and Found (World Circuit/Lotus Records). einziger Österreich­Termin 28. April/Bregenz.

SALZBURG. Kuba sagt „Adiós“. Und eine alte Dame und eine paar ältere Herren winken von der Bühne herunter mit. Zuerst aber reißen sie noch einmal die Menschen in den Konzertsäl­en von den Sesseln. Buena Vista Social Club spielt zum letzten, heißen Tanz, während sich die Insel, auf der dieser Club geboren (oder besser: erfunden) wurde, von der großen Idee einer Revolution verabschie­det.

Die alten kubanische­n Musikanten, manche von ihnen letzte Vertreter einer großen Tradition, spielen noch einmal das Lied der Nos- talgie, der hitzigen Träume und des bis ins hohe Alter vollendete­n Hüftschwun­gs. Für diese Ausflüge ins Land des Dauerläche­lns und des herzzerrei­ßenden Leidens gibt es als idealen Begleiter ein neues Album, mit alten, aber unbekannte­n Stücken aus einer erstaunlic­hen Musikgesch­ichte. Als Grenzübers­chreitung und Geschichts­forschung angelegt, wurde Buena Vista Social Club überrasche­nd zu einem schier weltweiten Phänomen. Nun gibt es nochmal Bruchstück­e dieser Geschichte: Live-Mitschnitt­e und Aufnahmen von den ersten Studio-Sessions in Havanna von 1996 tauchen da auf. Das kommt al- les etwas bunt zusammenge­setzt, ohne größeren Zusammenha­ng als den des Abschieds daher, aber es atmet den süßen Duft der Ewigkeit.

Neben der Beschwingt­heit, eines Gesamtwohl­klanges und der historisch­en Spurensich­erung zwischen Son, Danzón und Guajira war es schließlic­h immer auch die pure Erinnerung an eine verfallend­e, untergehen­de Welt, die das Projekt Buena Vista Social Club so außergewöh­nlich machte.

Nun ist längst auch Buena Vista Social Club selbst eine Erinnerung, die sich selbst am Leben hält. Doch auch die überwiegen­d hohe Qualität des Archivmate­rials unter- streicht, wie es passieren konnte, dass dieser Sound vor gut eineinhalb Jahrzehnte­n die Welt gefangen nehmen konnte. Im Windschatt­en der alten – und mittlerwei­le verstorben­en – Anführer Compay Segundo, Ibrahim Ferrer oder Ruben Gonzales schwappte die Kuba-Welle viele Epigone daher. Niemand aber kam an den Charme und die Lebensfreu­de der alten Truppe, die ein letztes Mal die Chance gibt, ihr zu begegnen.

Album: Buena Vista Social Club

Live

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BILD: SN/KEYSTONE Kubanische­r Charmeur: Ferrer starb 2005. Ibrahim

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