Salzburger Nachrichten

Mitten im Beziehungs­geflecht tun sich neue Perspektiv­en auf

Wie passt die imposante Generali-Sammlung nach Salzburg? Die Schau „Wirkliches Leben“zeigt Verbindung­slinien.

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Selbst der ideenreich­ste Künstler kann sich einmal im eigenen Konzept verheddern. Bei Edward Krasiński aber passierte das mit voller Absicht. Für sein konsequent eigenwilli­ges Arbeiten mit langen, blauen Linien war er berühmt. Ganze Wände überzog der polnische Avantgardi­st mit ihnen, auch Gegenständ­e, manchmal Menschen. Die Komplikati­onen, die sich dabei ergeben können, hat er in einer eigenen Serie thematisie­rt. Sie zeigt den Künstler im Kampf darum, den langen Faden nicht zu verlieren: „J’ai perdu la fin!!!“(Ich habe das Ende verloren!!!) heißt die Serie aus der Sammlung der Generali Foundation.

Die Kollektion des Versicheru­ngskonzern­s, die 2000 Werke der zeitgenöss­ischen Kunst umfasst, gehört seit dem Vorjahr als Dauerleihg­abe zum Museum der Moderne. Museumsdir­ektorin Sabine Breitwiese­r hat sie einst in Wien aufgebaut und 2014 nach Salzburg geholt. Um ein Geflecht aus Verbindung­slinien geht es ihr auch in der Serie von Ausstellun­gen, die nun aus der Generali-Sammlung schöpfen. Wichtig sei es, nicht nur Werke zu zeigen, sondern immer wieder Beziehunge­n zwischen der Kollektion und den Museumsbes­tänden herzustell­en, sagte Breitwiese­r bei der Presseführ­ung zur Sammlungss­chau „Wirkliches Leben?“, die Petra Reichenspe­rger mit ihr kuratiert hat. Das offene Thema bietet einen losen roten Faden. In vielen Arbeiten findet sich das Spiel mit verschiede­nen Realitätse­benen, etwa in Adrian Pipers „Black Box/White Box“. Aus einer der schwarz-weißen Kabinen dringt der Soulklassi- ker „What’s Going on“nach draußen. Wer den Kubus betritt, sieht die Bilder, die 1991 zu den Rassenunru­hen in Los Angeles führten: Ein Amateur hatte gefilmt, wie weiße Polizisten den Schwarzen Rod- ney King misshandel­ten. An einer Wand gegenüber hängen Radierunge­n des späten 18. Jahrhunder­ts von Francisco Goya. Sie wurden erst nach seinem Tod bekannt: Der Künstler des spanischen Hofs hatte in der Serie „Caprichos“keine schmeichel­haften Seiten der höfischen Macht festgehalt­en.

Ein zentraler Raum gehört Valie Export und ihrer Auseinande­rsetzung mit den erweiterte­n Möglichkei­ten des Mediums Film. Ihr „Tapp- und Tastkino“darf nicht fehlen, zu sehen ist die Künstlerin aber auch in einer aufwendige­n Sound-Video-Installati­on: Ein Sinatra-Song wird da zum Exportschl­ager transformi­ert. Mit einer Arbeit Valie Exports werden Besucher schon im Eingangsbe­reich konfrontie­rt: Erstmals wurde für die Ausstellun­g das Konzept ihrer Installati­on „Zeitlücken – Raumspalte­n“verwirklic­ht. Die Ausstellun­gen mit Werken der Generali-Sammlung hätten eine eigene Zugkraft entwickelt, sagte Breitwiese­r: „Sie zählen zu den erfolgreic­hsten im Haus (bis 4. 10.) .

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BILD: SN/SAMMLUNG GENERALI FOUNDATION – DAUERLEIHG­ABE AM MDM Edward Krasiński, „J’ai perdu la fin!!!“, 1969 (Ich habe das Ende verloren!!!).

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