Das Krisen-Knäuel überfordert die EU-Führer
An der EU zerrt und zieht es. Sie müsse sich zuerst innerlich konsolidieren, heißt es. Darf eine weitere Erweiterung nicht sein?
Belustigt hat man jahrelang bemerkt, dass für die Europäische Union die Krise sozusagen der Normalmodus sei. Inzwischen aber steht die EU von innen wie von außen dermaßen unter Druck, dass sie nur noch ächzt. Die politischen Führer der Union scheinen völlig überfordert zu sein von der Gleichzeitigkeit verschiedener Krisen, die zudem verhängnisvoll zusammenwirken.
Eher unerwartet kam für die EU die Machtprobe im Osten, als Russland in der Ukraine-Krise die europäische Friedensordnung infrage stellte und die Union in einen geopolitischen Konflikt verwickelte. Dabei hatte zuvor die Eurokrise bereits einen erheblichen Teil von Europas politischer Energie verbraucht. Bruchlinien zwischen dem Norden und dem Süden des Kontinents taten sich auf. Vor allem der Sonderfall Griechenland strapaziert weiterhin die Solidarität der Europäer.
In der Flüchtlingskrise offenbart sich jetzt, dass es nichts nützt, eine Festung Europa zu bauen. Wieder hilft den Europäern nur gemeinsames Handeln. Aber jahrelang haben sich die ohnedies von der Eurokrise gebeutelten Südstaaten mit langen Küstenlinien darüber beschwert, dass sie angesichts des Meers an Migranten im Stich gelassen würden. In dem Moment aber, da die Entwurzelten gerecht auf die 28 EU-Staaten aufgeteilt werden sollen, reißen neue Gräben in der Union auf.
Jetzt meldet sich auch noch der vergessene explosive Hinterhof Balkan zurück. Irgendwie schien er doch ruhiggestellt zu sein. Man war in Brüssel froh darüber, dass die Gewalt am südöstlichen Rand des Kontinents aufgehört hatte. Eine EU-Beitrittsperspektive sollte die Region stabilisieren, längerfristig. Aber offenbar ist dieser politische Ansatz für den Westbalkan nicht mit genug Nachdruck verfolgt worden.
Mazedonien, bereits seit 2005 EU-Beitrittskandidat, wird vor allem aus zwei Gründen zum Krisenfall. Brüssel hat es zugelassen, dass Griechenland wegen des Streits um seine gleichnamige Provinz die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Skopje bis heute blockiert. Das ist in einem multiethnischen Land wie Mazedonien krisenverschärfend. Brüssel hat es versäumt, rechtzeitig auf die immer autoritärer agierende Regierung des Beitrittskandidaten einzuwirken. Man hat die Lage trotz zahlreicher Warnrufe beschönigt, statt die Machthebel zu nützen. Ähnlich ist es anderswo: Bosnien – ein gelähmter Staat bis heute. Der Kosovo – ein nicht funktionierender Staat mit Frust-Migration.