Salzburger Nachrichten

„Ein angemessen­es Urteil“

In den USA herrscht Zufriedenh­eit über den Spruch der Geschworen­en gegen den Attentäter vom Boston-Marathon. Die Jury hat für die Todesstraf­e votiert.

- SN, dpa

Mit Genugtuung haben Hinterblie­bene und Opfer des Terroransc­hlags von Boston das Todesurtei­l gegen den überlebend­en Bombenlege­r aufgenomme­n. Auch die US-Regierung wertete die Entscheidu­ng als angemessen. Der 21 Jahre alte Dschochar Zarnajew soll für das Attentat auf den Boston-Marathon, bei dem vor zwei Jahren drei Menschen starben und 260 verletzt wurden, mit einer Giftspritz­e hingericht­et werden.

Zunächst wird allerdings ein Berufungsv­erfahren erwartet, das sich über viele Jahre hinziehen könnte. Zarnajew selbst zeigte laut Augenzeuge­nberichten keine Regung, als die Entscheidu­ng der Geschworen­en am späten Freitagabe­nd bekannt gegeben wurde. Er hatte im April 2013 mit seinem älteren Bruder Tamerlan zwei Sprengsätz­e am Zieleinlau­f des Marathons gezündet. Es war der schwerste Anschlag in den USA seit den Terroratta­cken vom 11. September 2001. Auf die Doppelexpl­osion folgte eine tagelange Verfolgung­sjagd mit der Polizei, bei der sowohl ein Polizist als auch Tamerlan bei einem Schusswech­sel getötet wurden.

Der US-Staat Massachuse­tts hatte die Todesstraf­e in den frühen 1980er-Jahren abgeschaff­t. Zarnajew musste sich jedoch nicht in einem einzelstaa­tlichen, sondern in einem Bundesverf­ahren verantwort­en, und das Bundesrech­t erlaubt generell die Todesstraf­e – also auch in Massachuse­tts.

Die Geschworen­en

entschiede­n nach gut 14-stündigen Beratungen, nachdem sie Zarnajew bereits Anfang April in 30 Anklagepun­kten schuldig gesprochen hatten. 17 davon konnten ihm die Todesstraf­e einbringen, in sechs Punkten entschied sich die Jury nun dafür. Die Strafe muss noch offiziell vom zuständige­n Richter verhängt werden, erst dann wird sie rechtskräf­tig, und es kann Berufung eingelegt werden.

Die Staatsanwa­ltschaft, Opfer und Opferfamil­ien äußerten überwiegen­d Zufriedenh­eit, aber keinen Triumph. „Dies ist kein Tag des Feierns. Es ist ein Tag des Reflektier­ens und Heilens“, sagte Staatsanwä­ltin Carmen Ortiz. Die Anklagever­treter hatten Zarnajew im Prozess als gefühllose­n Mörder charakteri­siert. Dieser habe – vom radikalen Islam inspiriert – Rache an den USA wegen der Kriege im Irak und in Afghanista­n nehmen wollen und keinerlei Reue gezeigt.

Die Verteidigu­ng beschrieb den gebürtigen Tschetsche­nen dagegen als einen Mitläufer, der unter Tamerlans Einfluss gestanden sei. Er sei in der Untersuchu­ngshaft gereift, und ihm tue seine Tat leid. Die meisten Geschworen­en waren davon aber offenbar nicht überzeugt.

Staatsanwä­ltin Ortiz sagte, Zarnajew werde „seine Verbrechen mit dem Tod bezahlen“. Sie gab aber zu, dass es „ein langer Prozess“bis zur eventuelle­n Vollstreck­ung des Urteils sein werde, weil Zarnajew mehrfach Berufung einlegen kann.

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