Salzburg ist zu Bettlern am härtesten
Ein Vergleich der Landeshauptstädte zeigt: Salzburg setzt stärker auf Verbote als alle anderen Städte. Und tut am wenigsten im Sozialbereich. Ungleicher Umgang mit
Selten haben rund hundertfünfzig schweigende, bewegungslose Menschen eine Stadt dauerhaft so in politische Aufregung versetzt. Heute, Montag, steht nach jahrelanger Debatte ein entscheidender politischer Schwenk rund um die Bettler in Salzburg an.
Läuft alles wie geplant, wird der Stadtsenat gegen 14.30 Uhr die Punkte 5, 7 und 8 seiner Tagesordnung beschließen. Das würde bedeuten: In großen Teilen der Salzburger Innenstadt gilt ab 2. Juni ein Bettelverbot. Für Notquartiere für 50 Armutsmigranten stellt die Stadt 100.000 Euro pro Jahr bereit – das Land soll dieselbe Summe aufzahlen. Und: 30.000 Euro pro Jahr fließen in „aufsuchende Sozialarbeit“für die Südosteuropäer.
Diese Maßnahmen zeigen, auf welchen Ansatz sich SPÖ und ÖVP letztlich geeinigt haben: Es sollen „ordnungspolitische“und „sozialpolitische“Maßnahmen gesetzt werden. Anders gesagt: Man will gleichzeitig strafen und helfen. Und hofft so, die zuletzt eskalierten Bürgerbeschwerden in den Griff zu bekommen.
Vehementer Widerstand kommt von der Bürgerliste, auch die Neos sind gegen das Bettelverbot. Die Freiheitlichen dürften wohl zustimmen, auch wenn ihnen ein sektorales Bettelverbot nicht weit genug geht.
Die Neos sind es nun aber, die in der bisher weitgehend faktenfrei geführten Debatte gründliche Recherchearbeit geleistet haben. Insbesondere haben Klubmitarbeiter in wochenlanger Arbeit die (teils geschätzten) Bettlerzahlen in österreichischen und bayerischen Städten erhoben, die Zahl der Betten in Notquartieren, die Art und Strenge von Bettelverboten sowie das Ausmaß der sozialen Fürsorge für die Armutsmigranten (Grafik rechts). Ihre Quellen – Ämter, Aussendungen und Medienberichte – hat die Partei schriftlich dokumentiert.
Ergebnis: Sollte Salzburg ein sektorales Bettelverbot beschließen, wäre es jene österreichische Stadt, welche am härtesten gegen die Bettelei vorgeht. Nur in Innsbruck gibt es ein teilweises Bettelverbot in der Innenstadt, zeitlich beschränkt auf besondere Märkte und Veranstaltungen. Anders agieren bayerische Städte: In München, Freilassing und Bad Reichenhall bestehen totale Bettelverbote in den Innenstädten bzw. Fußgängerzonen.
Die Berechnung der Neos zeigt auch: Aufgerechnet auf die Wohnbevölkerung befinden sich derzeit in Salzburg mehr Bettler als in Wien, Graz, Linz und Innsbruck. In absoluten Zahlen kommen jedoch nicht mehr Bettler hierher als in andere Städte, ausgenommen Innsbruck. Gleichzeitig liegt Salzburg auf dem letzten Platz, was die Zahl der Notbetten für die Armutsreisenden betrifft – was sich auch nicht ändern würde, falls diese, wie geplant, von 20 auf 50 aufgestockt werden.
Neos-Gemeinderat Sebastian Huber leitet daraus ab: Wenigstens 70 Notschlafstellen für Bettler wären das Optimum für Salzburg. „So viele Bettler sind der Stadt zumutbar. Aber auch nicht mehr.“Die Schlafstellen müssten Toiletten, Duschen und Verpflegung beinhalten.
Aber: Kommen nicht umso mehr Bettler nach Salzburg, je mehr Hilfe ihnen die Stadt leistet? Huber glaubt: Nein. Im Gegenteil zeige die Erfahrung aus Graz, dass sich die Zahl der Bettler auf jenes Quantum „einpendle“, das eine Kommune für sich definiert. „Es kommt aber auf die Kommunikation an. Man kann sehr wohl mit den Leuten reden. Ihnen sagen, wie viele von ihnen kommen können. Wie sie sich verhalten sollen. Auch, dass sie hier keinen Anspruch auf staatliche Sozialleistungen haben.“
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