Koch mischt die Breikost auf
Suppe, Brei, Püree, Reis mit Sauce. Die Firma Raps aus Obertrum will den eintönigen Speiseplan von Menschen mit Kau- und Schluckbeschwerden bereichern.
OBERTRUM. Küchenmeister Attila Varnagy nimmt eine Tasse mit Kaffee und gießt sie über zwei Scheiben weiches Toastbrot ohne Rinde. Im Teller bildet sich ein unappetitlicher Brei. „So schaut das Frühstück für viele Menschen mit Schluckbeschwerden aus“, sagt Varnagy und demonstriert mit den gleichen Zutaten seine Frühstücksvariante: Mit einer Syphonflasche füllt er Kaffeeschaum in ein Glas, darauf kommt eine Schicht Milchschaum. Dekoriert wird das Ganze mit Schokoladesauce.
Man müsse Menschen mit Problemen beim Kauen oder Schlucken nicht nur die Freude, sondern auch die Würde beim Essen zurückgeben, meint Varnagy. Das wisse jeder, der schon einmal versucht habe, ein passiertes Schnitzel mit dem Löffel zu essen oder ein Fischfilet durch einen Strohhalm zu saugen.
Varnagy arbeitet für den Gewürzhersteller Raps in Obertrum, der auch auf Convenienceprodukte spezialisiert ist. Er hat ein Konzept entwickelt, mit dem jedes beliebige Gericht so zubereitet wird, dass es mit der Zunge zerdrückt und leicht geschluckt werden kann. Geschmack und Aussehen gingen dabei nicht verloren, verspricht der Koch. Vier Jahre hat er experimentiert. Grundlage ist die Molekularküche, mit der die Firma Raps arbeitet. „Sie hat nichts mit Chemieoder Kunstküche zu tun“, erklärt Varnagy. Es gehe darum, die Textur von Lebensmitteln zu verändern. „Das passiert in jedem Haushalt, etwa beim Gratinieren oder bei jedem Aspik.“
Mithilfe von verschiedenen instantlöslichen Texturgebern werden kalte oder warme Lebensmittel je nach Bedarf eingedickt, verflüssigt, oder zu löffelfesten Schäumen. Im Müslischaum stecken zum Beispiel Cornflakes, Banane, Milch, Topfen, Apfelsaft, Honig und die Mischung „Spuma“, mit der sich Schäume herstellen lassen.
Bei der Zubereitung von Fleischgerichten, etwa Rindsgulasch, wird das Essen wie gewohnt gekocht. Dann wird das Fleisch von der Sauce getrennt, püriert und mit „Gelea“vermischt, das aus dem pflanzlichen Geliermittel Agar-Agar besteht. Das Fleischpüree wird in eine Form gefüllt, kalt gestellt und dann in Würfel geschnitten. Anschließend kann das Fleisch wieder erhitzt und mit der Sauce angerichtet werden.
Man könne fast jedes Gericht optisch und geschmacklich so präsentieren wie das Original, erklärt der Koch. „Man muss auch die Augen der Patienten bedienen.“Um die pürierte Kost wie- der in Form zu bringen, gibt es Silikonformen, etwa für Broccoli, Hühnerschenkel, Fischfilet, Bratenscheiben oder Bratwurst.
Auch der umgekehrte Weg ist möglich. Flüssige Speisen wie Suppen oder Säfte lassen sich in eine löffelfeste Konsistenz verwandeln. Außerdem hat Varnagy eine Mischung für ein Eiweißbrot entwickelt, das ähnlich schmeckt wie Brot aus Getreide. „Normales Brot ist für ältere Menschen mit Schluckbeschwerden zu hart.“
Derzeit reist Varnagy durch Österreich, um das Konzept mit dem Namen „BisS“in Pflegeheimen und Spitälern vorzustellen. Die Produkte seien auch zu Hause einfach zu verwenden. Im Bundesland Salzburg sei die Produktlinie in rund 30 Pflegeeinrichtungen im Einsatz, sagt Varnagy. Mehr als 220 Rezepte sind fertig. Täglich kommen neue dazu. Von Umsatzzielen will Varnagy nicht sprechen. „Aber wenn wir in 30 bis 40 Prozent der Krankenhäuser hineinkommen würden, wäre das wunderbar.“