Die Blasmusik marschierte nach Wien
Hunderte Blasmusiker aus ganz Österreich gaben vor dem Kanzleramt ein „Sympathiekonzert“für die Militärmusik. Doch an deren Halbierung scheint nicht mehr zu rütteln sein.
Hunderte Blasmusiker aus ganz Österreich haben vor dem Kanzleramt in Wien ein „Sympathiekonzert“für die von Kürzungsplänen bedrohte Militärmusik gespielt. Sogar ein Salzburger Landesrat und ein Ex-Minister griffen zum Flügelhorn. Doch das Verteidigungsministerium bleibt hart: Die Militärkapellen in den Bundesländern werden ab Juli halbiert.
Eine wilde musikalische Mischkulanz erlebte Dienstagmittag die Wiener Innenstadt. Vom Rathausplatz her dröhnten die Bässe der Ganztages-Party anlässlich des Song Contests. Auf dem Wiener Ballhausplatz marschierte zur gleichen Zeit die Blasmusik auf. Pünktlich zur Sitzung des Ministerrats hatten sich vor dem Kanzleramt Hunderte Blasmusiker aus ganz Österreich eingefunden, um gegen die drohende Halbierung der Militärmusik aufzuspielen.
„Och, was ist denn das?“, fragte eine Touristin aus Deutschland verblüfft. Das Bild war tatsächlich kein alltägliches. Lodenjoppen, Lederhosen, Trachtenhüte und Adlerfedern mitten in der Wiener Innenstadt. Dazu die Klassiker der österreichischen Marschmusik, gespielt unter anderem von Karlheinz Töchterle auf dem Flügelhorn.
Der frühere Wissenschaftsminister war mit seiner Musikkapelle aus Telfes im Stubaital angereist, um am „Sympathiekonzert“des Blasmusikverbands für die Militärmusik teilzunehmen. „Die Militärmusik repräsentiert das oft unterschätzte Kulturgut Blasmusik in besonderer Weise und soll weiterhin in spielfähiger Größe auftreten können“, wünscht sich Töchterle.
Der amtierende Justizminister Wolfgang Brandstetter, der nach der Ministerratssitzung vorbeischaute, äußerte sich ähnlich. „Da geht’s nicht um Parteipolitik, da geht’s um Kultur“, sagte der ÖVPPolitiker. Er werde versuchen, Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) noch von den Kürzungsplänen abzubringen. Auch der Salzburger Landesrat Hans Mayr (Team Stronach), der auf dem Ballhausplatz in der Trachtenmusikkapelle Goldegg das Flügelhorn spielte, hofft noch auf ein Umdenken.
Dazu scheint es allerdings zu spät zu sein. Die heeresinterne Weisung zur Halbierung der Militärmusik ist bereits erteilt. Bis auf die Gardemusik in Wien, die nicht angetastet wird, trifft es die Kapellen in allen Bundesländern. Sie werden von 47 auf 20 Mann verkleinert.
Formell gibt es künftig nur noch eine einzige österreichische Militärmusik mit acht „Ensembles“in den Bundesländern. Statt bisher je 16 Unteroffizieren und 30 Grundwehrdienern spielen dort unter dem Kapellmeister ab Juli nur noch je sechs Unteroffiziere und 13 Grundwehrdiener. Die Musik-Re- kruten dienen (außer bei der Garde in Wien) nur noch sechs statt bisher freiwillig 14 Monate.
Das Verteidigungsministerium erhofft sich Einsparungen von sieben Millionen Euro. Und wie wird das klingen? „Es wird quantitativ und qualitativ anders werden“, sagt Militärmusikchef Oberst Bernhard Heher. „Den gewohnten Klang wird es mit 20 Musikern nicht mehr geben.“Das Heer verweist allerdings darauf, dass auch die künftige österreichische Militärmusik mit insgesamt 222 Mann immer noch deutlich größer sei als die schwedische mit 141 Mann.
Detail am Rande: Über die Auftritte der Militärkapellen entscheidet künftig zentral der Militärmusikchef von Wien aus.