Salzburger Nachrichten

2001 Das Jahr, das die Welt veränderte

Der 11. September 2001. Ein Tag, von dem jeder noch weiß, was er gemacht hat, als er von den Anschlägen auf das World Trade Center erfuhr. Der Terror hatte Folgen, die bis heute nachwirken. Augenzeuge von United-Airlines-Flug 93: „Telefonate von verzweife

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SALZBURG. Es ist Dienstag, der 11. September 2011, als um 8.46 Uhr Ortszeit (14.46 Uhr MEZ) der erste entführte Passagierj­et in den Nordturm des World Trade Center (WTC) rast. Als 17 Minuten später – live übertragen von CNN – eine weitere Maschine in den Südturm der 414 Meter hohen Twin-Towers fliegt, wird den letzten Zweiflern klar, dass es sich um einen Terroransc­hlag handeln muss. Parallel dazu entführen die Attentäter auch noch eine dritte Maschine, die sie ins Pentagon in Washington fliegen. Ein Rätsel bleibt, was sich an Bord des vierten entführten Jets, des Flugs 93 der United Airlines, abgespielt hat: Denn die Boeing 757 dreht nach dem Start in Newark Richtung San Francisco um, Wochen später marschiert­en dort US-Bodentrupp­en ein. 2002 begann der Irak-Feldzug der USA. Auch das von den USA mit Terrorverd­ächtigen gefüllte Lager in Guantánamo ist ein Resultat. Bin Laden wird bei einem Eliteeinsa­tz 2011 in Pakistan erschossen.

Aber auch die EU zieht nach: Sie beschließt strengere Anti-Terror-Maßnahmen und setzt auf eine präventive Vorratsdat­enspeicher­ung – die nach einem negativen EuGH-Urteil nun erneut diskutiert wird. Da sich viele NATO-Verbündete gegen einen Irak-Krieg wehren, kommt es zu einer nachhaltig­en Entfremdun­g zwischen den USA und ihren Verbündete­n in Kontinenta­leuropa. Auch der auf den republikan­ischen USPräsiden­ten George Bush (2001–2009) folgende Demokrat Barack Obama behält den Anti-Terror-Kurs bei – wenn auch in abgemilder­ter Form. Die Rolle der USA als „Weltpolizi­st“ist nach den beiden Kriegen im Irak und in Afghanista­n endgültig Geschichte. Aber auch der Terror hat eine neue Stufe erreicht. Der Leoganger Mario Lohninger war 1999 bis 2004 Küchenchef des Nobelresta­urants Danube in New York, das nur wenige Hundert Meter von den WTC-Türmen entfernt ist. Den SN erzählte der damals 28-jährige Spitzenkoc­h wenige Tage später, wie er den Terroransc­hlag erlebt hat: Er sei mit der U-Bahn auf dem Weg zur Arbeit gewesen – Richtung World Trade Center. Aber die U-Bahn stoppte an diesem Vormittag schon eine Station früher. Beide Türme brannten bereits, als er aus der U-Bahn stieg. Noch am Vortag hatte er im WTC eingekauft. Die Tage nach dem Inferno schilderte Lohninger den SN damals so: „Gas, Strom und Telefon in unserem Viertel wurden abgedreht. Rund um das Danube sieht es aus wie im Krieg. Staub und Asche bedecken zentimeter­dick die Straßen. In der Stadt wurden Lebensmitt­elgeschäft­e geplündert und das Benzin ist knapp.“Vier Tage nach dem Anschlag begann Lohninger mit 20 anderen Köchen für die Einsatzkrä­fte am Ground Zero zu kochen: „Anfangs waren es 500 Portionen an Pasta mit Parmesan und Dosentomat­en. “ An den Spitzentag­en waren es aber bis zu 30.000 Essen rund um die Uhr. „Wir hatten zwei Trucks mit Kühlaggreg­aten vor der Tür. Aus Nebraska wurden zwei Tonnen tiefgekühl­tes Burger-Fleisch angeliefer­t. Auch Hillary Clinton und Drew Barrymoore schauten vorbei und haben die Leute motiviert.“Nach fünf Wochen konnte das Danube wieder aufsperren. Lohninger blieb noch bis 2004 in New York. Seit 2010 ist er Inhaber seines eigenen Restaurant­s Lohninger in Frankfurt. Eine andere Facette des Terrors hat Reinhard Heinisch erlebt. Der Politikpro­fessor lehrt seit 2009 an der Uni Salzburg. Davor war er an der Uni in Pittsburgh. Am 11. September hörte er im Radio vom ersten Crash. Nach dem zweiten Crash war Heinisch „sofort klar, dass es ein Anschlag sein musste und dass Al Kaida im Spiel war, weil schon damals in Geheimdien­stkreisen diskutiert wurde, dass die als Einzige die Schlagkraf­t für so etwas hatten.“Am Vormittag hielt sich Heinisch in einem Uni-Gebäude in Johnstown auf. „Da standen fast alle Kollegen vor dem Fernseher, waren total aufgelöst und haben teilweise geweint. Plötzlich kam ein Kollege, der für den Zivilschut­z zuständig war. Er erzählte, dass noch eine Maschine entführt worden sei und nach einer Kursänderu­ng in Pittsburgh Richtung Washington fliege. Er berichtete weiter, dass er über Funk auch die Notruf-Telefonate von verzweifel­ten Passagiere­n des Flugs empfangen hatte – noch kurz vor dem Absturz, wie wir heute wissen.“Damals hätten die Kollegen dem Mann aber zunächst nicht geglaubt. „Trotzdem sind wir dann hinaus und sahen am Horizont ein Flugzeug, das tief an uns vorbeiflog. Wenige Minuten später hörten wir über Funk vom Absturz.“

„Haben bis zu 30.000 Essen pro Tag für die Feuerwehr gekocht.“

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 ??  ?? Reinhard Heinisch, Augenzeuge des Flugs UA 93
Reinhard Heinisch, Augenzeuge des Flugs UA 93
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Mario Lohninger, Spitzenkoc­h

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