Der Kampf um das kühle Getränk
Kaum wo sonst liebt der Österreicher so sehr die Abwechslung wie bei Getränken. Weil wirkliche Innovationen selten sind, wird die Verpackung zum Erfolgsfaktor. Gefragt sind kleine Flaschen, getrunken wird unterwegs.
SALZBURG. Über 90 Liter Mineralwasser und noch etwas mehr Limonade trinkt jeder Österreicher im Jahr. Potenzial nach oben sieht Alfred Hudler, Vöslauer-Chef und Vorstand des heimischen Getränkeverbandes, noch immer. „In Deutschland hat Mineralwasser Bier überholt.“In Österreich ist man davon noch weit entfernt: Mit 106 Litern pro Kopf und Jahr ist Bier unangefochten Spitzenreiter.
Aufwind geben der alkoholfreien Branche neue Konsumgewohnheiten. „Profitieren kann gerade Mineralwasser vom ungebrochenen Gesundheitstrend, viel zu trinken rät jeder Experte.“Daneben würden veränderte Essgewohnheiten die Nachfrage beleben. Neben Wirtshaus und Essen daheim (samt Einkauf im Handel) gewinne die „Versorgung zwischendurch“an Bedeutung. Ob Tankstellenshop, Bäckerei oder Fast-Food-Bar: Mineralwasser und Near-Water-Getränke (aromatisiertes Mineralwasser) spielen dort eine große Rolle – handlich zum Mitnehmen in der 0,5-LiterFlasche oder für Durstigere in der 0,75-Liter-Sportflasche.
Während der Gesamtmarkt für Mineralwasser und Limonaden im Vorjahr angesichts des nassen Sommers Rückgänge verzeichnen musste, habe es hier teils zweistellige Zuwächse gegeben, sagt Hudler. Vöslauer selbst – bei Mineralwasser mit 40 Prozent Marktanteil und 96 Mill. Euro Umsatz Marktführer vor Waldquelle (15 Prozent Marktanteil) und Römerquelle (13 Prozent) – verkaufe heute bereits 30 Prozent in Kleingebinden, vor zehn Jahren waren es elf Prozent. Zum Erfolgsfaktor werde immer öfter die Verpackung, meint Hudler. Ob der Verschluss mit ausklappbarem Ring, um die Flasche praktisch mit einem Finger tragen zu können, die dicke Ein-Liter-Flasche, die in fast jede Handtasche passt, oder der Achterpack Halbliterflaschen als Vorrat zum Mitnehmen für jeden Tag: Mehrumsatz bringe nur Innovation.
Generell sei der Getränkemarkt in Österreich seit Jahren relativ stabil, meint Johann Brunner vom Fachverband der Lebensmittelindustrie. „Die Verschiebungen im Segment aber sind über die Jahre gewaltig.“Während Zitrus- und Bitter-Getränke eher rückläufig sind, konnten Cola-Getränke ihren An- teil am Limonadenmarkt auf 45 Prozent sogar noch ausweiten. Die großen Innovationen wie NearWater-Getränke, Energydrinks und Eistee liegen freilich schon Jahre zurück. Anderes verschwinde oft rasch aus den Regalen. So habe sich Stevia als pflanzlicher Zuckerersatz für viele als teure Fehlinvestition entpuppt, sagt Hudler. „Zucker ist nach wie vor der Geschmacksträger Nummer eins. Wer hier einen kalorienarmen, geschmacklich vollwertigen Ersatz findet, hätte das Ei des Kolumbus entdeckt.“
Neben 27 großen Getränkeabfüllern könnten sich in Österreich gerade im regionalen Bereich auch Kleinstanbieter behaupten, meint Brunner, ob mit alten Kracherlrezepten oder neuen Wellnessdrinks.
Soda oder Tafelwasser, das anders als Mineralwasser nicht eine genau festgelegte Mindestmenge an natürlichen Mineralien enthalten muss und nur an der Quelle abgefüllt werden darf, sieht VöslauerChef Hudler nicht als Konkurrenz.
Von einer anderen Seite den Markt aufrollen will die Firma SodaStream, der weltgrößte Anbieter von Trinkwassersprudlern. Das System ist einfach: Das Gerät sprudelt Kohlensäure in Leitungswasser und verwandelt es in Sprudelwas- ser. Dieses kann man durch die Zugabe eines Sirups in Limonade, ein Cola-Getränk oder einen Energydrink umwandeln, zu einem Bruchteil des Preises für das Originalgetränk. Und es entfällt das Schleppen von Flaschen. Das Produkt sei umweltfreundlich, weil wesentlich weniger Plastikmüll anfalle, sagt der für den deutschsprachigen Raum verantwortliche SodaStream-Manager Henner Rinsche. Er verweist auch auf den gesundheitlichen Aspekt: „Jede Leitungswasserquelle wird häufig kontrolliert und ist zudem frischer als Wasser in Plastikflaschen, das ja zum Teil wochenund monatelang herumsteht.“
Rinsche sieht traditionelle Mineralwasser- und insbesondere Limonadehersteller in der Defensive und glaubt an eine Trendwende wie bei der Einführung des iPhones, die den Handymarkt umkrempelte. Besonderes Wachstumspotenzial sieht er in Österreich, wo die Marktdurchdringung bisher im einstelligen Prozentbereich liegt. Vor allem bei privaten Haushalten und Betrieben, die ihre Mitarbeiter mit günstigem Trinkwasser versorgen wollen, sieht Rinsche Potenzial.
Wer glaubt, Wasser ist immer gleich Wasser, irrt übrigens. „Vöslauer Balance“etwa ist seit dem Vorjahr „100 Prozent vegan“. Tierische Zusatzstoffe waren zwar schon bisher nicht in den Mineralwässern mit Fruchtgeschmack wie Erdbeer-Pfeffer enthalten. Der Leim, der die Etikette an die Flasche klebte, entsprach aber nicht den Vorschriften. „Erst seit wir den Leim umgestellt haben, dürfen wir auch vegan draufschreiben“, sagt Firmenchef Hudler.
„Seit wir den Leim für die Etiketten umgestellt haben, sind wir vegan.“