Es brechen alle Dämme rund um die FIFA
Kronzeugen belasten in der FIFA-Korruptionsaffäre Noch-Präsident Blatter schwer. Die Schlinge um den Schweizer zieht sich zu.
ZÜRICH, SALZBURG. Die Meldungen rund um mögliche Korruptionsfälle trudelten in den letzten Tagen fast im Minutentakt über die Agenturen. Die Ermittler dagegen hielten sich in dieser Woche mit weiteren Informationen zum Korruptionsskandal rund um den Fußball-Weltverband FIFA etwas zurück. Kronzeugen und ehemalige Wegbegleiter des scheidenden FIFA-Präsidenten Joseph Blatter dagegen packen zuletzt detailreich aus.
Ex-Vizepräsident Jack Warner hat mit Behauptungen gegen Blatter nachgelegt. Laut Warner soll der Fußball-Weltverband seine Independent Liberal Party auf Trinidad und Tobago im Wahlkampf vor fünf Jahren finanziell unterstützt haben.
FIFA-Funktionäre hätten davon gewusst, darunter auch Blatter, behauptete Warner in einer vorangegangenen achtminütigen Ansprache im Fernsehen. „Nicht mal der Tod wird die Lawine stoppen, die kommt“, prophezeite der 72-Jährige, der das entsprechende Beweismaterial bereits seinen Anwälten übergaben habe. Trotzdem fürchte er, so Warner, um sein Leben.
Das frühere FIFA-Exekutivkomiteemitglied Chuck Blazer hat Bestechungsgelder um die WM 1998 in Frankreich und im Vorfeld der WM 2010 in Südafrika zugegeben. Es flossen Millionen Dollar aus Afrika an Funktionäre der FIFA in den USA und der Karibik. Der Name Blatter fällt nicht. Alles andere wäre auch überraschend gewesen. Das bestätigen Vernehmungsprotokolle des FBI aus dem Jahr 2013, die wegen der laufenden Ermittlungen erst jetzt veröffentlicht wurden. Laut dem Geständnis von Blazer sollen diese Gelder auch andere Exekutivkomitee-Angehörige angenommen haben. Jacques Lambert, der französische Organisationschef der WM 1998, dagegen hat gemeint: „Es wurden keine Gelder angeboten.“Ähnlich reagierten auch die WMOrganisatoren in Südafrika. Ermittlungen würden aber dort geprüft.
Die bei den Vergaben für die WM 2018 (Russland) und 2022 (Katar) gescheiterten Bewerber haben sich längst in Stellung gebracht. Englands Sportminister John Whittingdale meinte am Donnerstag, das Mutterland des Fußballs ohne jede rechtliche Grundlage als möglichen Ersatzkandidaten für Katar ins Spiel bringen zu müssen. Aber auch Australien, bei der WM-Vergabe in der ersten Runde an Katar gescheitert, will eine Neuvergabe. Allerdings muss der australische Verband noch eine 500.000-Dollar-Spende an die CONCACAF, die Fußballkonföderation der Nord- und Zentralamerikanischen Staaten sowie der Karibik, erklären. Chef der CONCA- CAF war übrigens Jack Warner.
Russland vermutet hinter den Verdächtigungen rund um die WMVergabe 2018 eine Intrige der USA.
Jenen Fußballverbänden, die sich Hoffnung auf eine Neuvergabe machen, sei gesagt, dass es nicht so einfach möglich ist. Es bestehen längst Verträge, unabhängig davon, wer nun noch oder ab dem außerordentlichen FIFA-Kongress an der Spitze des Weltverbands steht. Außerdem würden sich die Rechtsstreitigkeiten wohl über Jahre dahinziehen.