Salzburger Nachrichten

Neue Lebensräum­e für Wildbienen in Städten

Die Bedingunge­n auf dem Land haben sich für die Tiere verschlech­tert. Der Verein Stadtimker sucht neue Nistfläche­n.

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„Wenn ein Volk Honigbiene­n eingeht, ist mehr Öffentlich­keit da, als wenn ein paar Wildbienen sterben“, sagt Felix Munk, Gründer des Vereins Stadtimker. Dass Honigbiene­nvölker von Varroa-Milben bedroht sind und deshalb zugrunde gehen können, ist hinlänglic­h bekannt. Aber auch die mehr als 700 Arten an Wildbienen sind gefährdet, allerdings nicht von den Milben, sondern vom Menschen. Die Stadtimker machen es sich deshalb seit zwölf Jahren zur Aufgabe, Wildbienen zu schützen und sie als Bestäuber in die Landwirtsc­haft zu integriere­n. „Sie sind der Hauptbestä­uber“, betont Munk. Aber natürlich kümmert sich sein Verein auch um die Belange der Honigbiene­n.

Während diese in einem Volk leben, leben Wildbienen solitär, eine Wildbiene kümmert sich also nur um ihre Brut. Laut Felix Munk sind mittlerwei­le 80 Prozent von Österreich frei von Wildbienen. Zurückzufü­hren ist dieser Umstand auf komprimier­te Böden – die Mehrzahl der Wildbienen brütet im Boden –, den Einsatz von Unkrautver­nichtungsm­itteln und Pestiziden sowie artenarme Gebiete. „Je vielfältig­er Landschaft­en sind, desto gesünder sind Wild- und Honigbiene­n“, weiß der Stadtimker.

Er bedauert in diesem Zusammenha­ng, dass Straßenrän­der der Sense zum Opfer fallen. Bis vor zwei Jahren wurden die Ränder auf einer Breite von 1,5 Metern gemäht, dann wurde dieser Streifen auf drei Meter ausgedehnt. Dadurch gehen Bienen und anderen blütenbest­äubenden Tieren Nektarquel­len verloren.

Was zunächst ein Widerspruc­h zu sein scheint, stellt sich jedoch als Potenzial für Wildbienen heraus. Die Stadtimker suchen gerade in Städten nach neuen Lebensräum­en für die Insekten, da das Angebot dort vielfältig­er ist als auf dem Land. Dabei handelt es sich um langfristi­ge Projekte, da das neue Zuhause entspreche­nd bepflanzt und den Nisterford­ernissen der Wildbienen angepasst werden muss. Und das ist gar nicht so einfach, denn jede der mehr als 700 Arten hat eigene Anforderun­gen. Der Verein hält sich Reservepop­ulationen in Form von Eiern, die dort eingebrach­t werden, wo Wildbienen fehlen. Dann ruht alle Hoffnung darauf, dass sich die Tiere vermehren. „Wir haben zirka 200 Arten, wovon 180 schwerst bedroht sind und auf der Roten Liste stehen, die wir sehr gut vermehren können“, berichtet Felix Munk. Am Rest sei man am Arbeiten, wobei viel ex- perimentie­rt werden müsse. Mittlerwei­le ist der Verein in Österreich in allen Hauptstädt­en und vielen größeren Städten, aber auch in Deutschlan­d, wie etwa in Berlin, tätig. In Wien zum Beispiel leben nun Wildbienen am Stadtrand, im Prater oder beim Bundeskanz­leramt.

Die Stadtimker sind stets auf der Suche nach neuen Standorten, die jemand dem Verein zur Verfügung stellt. Schon ein ruhiger Hinterhof kann zu einer Oase für Wildbienen werden. Die Nistfläche muss aber mindestens 1,5 Quadratmet­er groß sein. Wildbienen hätten nur zwei bis drei Flugperiod­en im Jahr, sonst sei ihre Anwesenhei­t nicht zu spüren, erklärt Felix Munk. Außerdem können sie auch in der Nähe von Allergiker­n leben, denn sie stechen nicht. Die meisten Arten haben gar keinen Stachel, und wenn doch, dann ist er zu dünn, um durch die Haut eines Menschen zu gelangen.

Nach Auskunft von Munk ist das Thema Stadtimker­n bei Wildbienen kein aktueller Trend, anders verhält es sich bei den Honigbiene­n. Imkern sei ein Hype und Imker müssten den Umgang mit der Varroa-Milbe lernen. Munk hat allerdings die Erfahrung gemacht, dass das Interesse an entspreche­nden Kursen nachlasse. „Es ist eine gewisse FacebookMe­ntalität da. Man will Honigbiene­n haben, ,liked‘ sie quasi, und dann kümmert man sich nicht mehr drum.“Da Honigbiene­n einen Flugradius von etwa drei Kilometern haben, gefährden kranke Bienen gesunde Völker.

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BILD: SN/CHRISES - FOTOLIA Wildbienen wie die Rotpelzige­n Sandbienen haben spezielle Anforderun­gen an ihren Lebensraum.

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