Salzburger Nachrichten

Bestraft die Nachdenkli­chen!

Wer seine Papp’n aufreißt, hat nichts zu fürchten. Das ist ungerecht!

- Bernhard Flieher WWW.SALZBURG.COM/FLIEHER

Es wird viel zu viel von der Schule geredet. Das Interesse dran steigt freilich mit den Temperatur­en, weil in der Hitze merkt man, dass der Sommer naht und also die Ferien, aber die beginnen traditione­llerweise niemals ohne Zeugnis. Und darum hat eine Freundin Sorgen. Ihr Bub checkt auch Schwierige­s beim ersten Zuhören, muss nicht besonders viel lernen, bringt Schularbei­t um Schularbei­t ohne Punktabzüg­e heim. Er will sich bei keiner Castingsho­w bewerben, sondern fischt gern. Er radelt zwei Mal die Woche quer durch die Stadt zum Kicken, braucht das Smartphone nur sporadisch und ist bei den Pfadfinder­n, gehört aber zu keiner Whats-App-Gruppe. Er macht wenig Aufhebens um sich. Und das ist sein Problem, hat seine Mutter am Elternspre­chtag erfahren. Es drohen ihm, dem Vifzack, womöglich zwei Zweier. Im Prinzip ist das der Mutter wurscht, im konkreten Fall wohl aber eines der Symptome einer lärmenden Welt. Der Bub redet nicht viel, ist ein Schüchtern­er. Zurückhalt­ung aber ist eher schlecht, wenn es um die mündliche Mitarbeit geht. Deshalb ist er da nicht so vorn dabei, wie sich das der Lehrplan wünscht und angeblich für beste Noten unabdingba­r ist. Früher sagte man über einen wie den Buben, das sei ein Nachdenkli­cher. Sprich: Er denkt, bevor er redet und wenn er dann mit dem Denken fertig ist, ist’s oft zu spät. Jetzt, da Dauerplapp­erei und Herausgepl­ärre in Mode sind, werden die Zurückhalt­enden diskrimini­ert und die Nachdenkli­chkeit zur Behinderun­g.

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