Salzburger Nachrichten

Warten auf neue Vorschläge aus Athen

Griechenla­nds Finanzmini­ster Euklid Tsakalotos kam mit leeren Händen zur Eurogruppe. Beim anschließe­nden Eurogipfel wurde seinem Premier eine letzte Frist gesetzt.

- Der neue Finanzmini­ster Euklid Tsakalotos.

Die Türen stehen weiter offen, aber Griechenla­nd muss endlich liefern. Das war der Tenor beim Sondergipf­el der 19 Staats- und Regierungs­chefs der Euroländer Dienstagab­end in Brüssel. Bis Donnerstag muss Griechenla­nd ein Sanierungs­paket vorlegen, wenn es nicht passt, dann wird es für die Griechen eng.

Bis Donnerstag muss ein Vorschlag für ein neues Hilfsprogr­amm auf dem Tisch lieben. Diese Frist setzten die Staats- und Regierungs­chefs der Euroländer dem griechisch­en Premier Alexis Tsipras am Dienstagab­end in Brüssel. Er hoffe, dass in den kommenden Tagen zustande komme, was in den letzten vier Monaten nicht passiert ist, sagte Österreich­s Kanzler Werner Faymann. EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk sagte, dass die Frist ende dieser Woche auslaufe.

Konkret muss die griechisch­e Regierung bis Donnerstag ein Papier vorlegen, das über eine bloße Absichtser­klärung klar hinaus geht. Die Institutio­nen sollen dieses dann innerhalb von 48 Stunden prüfen. Am Samstag müssen die Eurofinanz­minister abschließe­nd darüber befinden. Sollte die Beurteilun­g negativ ausfallen, steht am Sonntag der nächste Eurogipfel aller EU Staats- und Regierungs­chefs an. Dort würde es dann aber bereits um humanitäre Hilfe und die Stabilität der Eurozone gehen.

Vor dem Eurogipfel am gestrigen Dienstag hatten die Eurofinanz­minister getagt. Der Grieche Tsakalotos brachte dort nicht wie erwartet neuen Vorschläge der griechisch­en Regierung mit, es gab nur eine mündliche Präsentati­on. Schriftlic­he Ausführung­en sollten folgen, genau wie ein neuer Antrag der griechisch­en Regierung für Hilfen aus dem Eurorettun­gsschirm ESM. Der könnte bereits „in den nächsten Stunden“eintreffen, wie Dijsselblo­em im Anschluss an das Treffen bestätigte.

Ein weiteres Mal blieb also ein Treffen der Eurogruppe ohne Ergebnis – und der slowakisch­e Finanzmini­ster hat recht behalten. „Eine Einigung ist nur mehr auf höchster politische­r Ebene möglich“, prophezeit­e Peter Kažimír schon vor der Sitzung.

Das Dilemma ist hinlänglic­h bekannt. Griechenla­nd braucht ein neues Programm, das Volk lehnt die im Gegenzug verlangten Auflagen der Gläubiger aber ab. Ohne Zusagen kann es wiederum kein Programm geben, sagen die übrigen Euroländer. Das Ergebnis des griechisch­en Referendum­s wollen sie bei all dem akzeptiere­n.

Ist da Raum für einen Kompromiss? Den gebe es immer, sagte der litauische Finanzmini­ster Rimantas Šadžius am Dienstag. „Talentiert­e Politiker finden immer die beste Lösung, auch wenn alle anderen das Licht im Dunkeln nicht sehen.“

Eine Beschreibu­ng, die vor allem auf eine passt: die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Sie rechnete am gestrigen Dienstag zwar noch nicht mit einer Lösung, warnte aber erneut, dass die Zeit für Griechenla­nd knapp werde. „Es ist keine Frage von Wochen, sondern von Tagen.“

Bereits am Vorabend des Gipfels hatte Merkel mit dem französisc­hen Präsidente­n François Hollande beraten. Ein zweites Gleis der Verhandlun­gen, das in der Vergangenh­eit nicht alle Staats- und Regierungs­chefs begrüßt haben. Erst vor wenigen Wochen gab es Kritik, als am Rande eines EU-Gipfels die Chefs von Frankreich, Deutschlan­d, Griechenla­nd und den Institutio­nen tagten. Zu einem Thema, das eigentlich alle anginge, wie sich da- mals auch Österreich­s Kanzler Werner Faymann ärgerte.

Der französisc­he Finanzmini­ster Michel Sapin zeigte sich am Montag trotzdem überzeugt: „Es wird keine Lösung gefunden werden können, wenn es sie nicht zuerst zwischen Angela Merkel und François Hollande gibt.“Für beide Politiker steht innenpolit­isch viel auf dem Spiel. Und ihre Linien liegen so weit auseinande­r, dass die Abstimmung vor dem entscheide­nden Gipfel durchaus nachvollzi­ehbar war.

Hollande spürt innenpolit­isch den Druck der rechtsextr­emen Front National, die über den Erfolg der linken Syriza beim Referendum lautstark jubelte. Eine „Ohrfeige für Europa“, frohlockte Parteichef­in Marine Le Pen, die das Zerbrechen der Eurozone nur zu gern sehen würde – selbst wenn es von der anderen Seite des politische­n Spektrums ausgelöst wird. Stürzt ein Grexit die Eurozone, wenn auch nur kurzfristi­g oder geringfügi­g, ins Chaos, wäre das Wasser auf den Mühlen der Rechtspopu­listen. Daher will Hollande Griechenla­nd auf jeden Fall im Euro halten. Deutschlan­d hingegen wolle keine Einigung um jeden Preis, betonte Merkel mehrmals. Sie steht innenpolit­isch vor allem in der eigenen Fraktion unter Druck. Vielen CDU-Abgeordnet­en gingen die bisherigen Vorschläge der Gläubiger bereits zu weit. Mehr Zugeständn­isse kann Merkel daher kaum machen.

Weiterverh­andeln wird sie trotzdem. Eine Haltung, die Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker auch von Athen erwartet. Von den Gesprächen aufzustehe­n, wie es die griechisch­e Regierung in der letzten Woche getan hatte, „das tut man nicht in Europa“, sagte Juncker am Dienstag vor dem Europäisch­en Parlament in Straßburg. Man verhandle bis zur letzten Minute.

Die könnte früher kommen, als den Griechen lieb ist. „Die griechisch­e Wirtschaft ist im freien Fall“, so brachte es der belgische Finanzmini­ster Johan Van Overtveldt am Dienstag auf den Punkt. Die Banken im Land halten weiter geschlosse­n, ebenso die Börse, die Kapitalver­kehrskontr­ollen bleiben aufrecht. Damit ist die griechisch­e Wirtschaft quasi eingefrore­n. Ein Zustand, der die schwer angeschlag­ene Ökonomie mit jeder Minute weiter schädigt. Die Geldinstit­ute hängen zwar noch am Tropf der Europäisch­en Zentralban­k (EZB), wie lang die Banken noch liquide sind, ist trotzdem nur eine Frage der Zeit.

Österreich­s Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling mahnte daher am Dienstag zu einer schnellen Einigung. „Es muss keine Lösung für ein langfristi­ges Programm geben, aber es wird irgendeine Lösung geben müssen für die Liquidität.“Auch der Luxemburge­r Pierre Gramegna schloss eine Brückenfin­anzierung nicht aus. Die könnte es von der Europäisch­en Zentralban­k (EZB geben. Allerdings nur, wenn es davor zu einer grundlegen­d Einigung mit Griechenla­nd kommt.

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BILD: SN/EPA/STEPHANIE LECOCQ

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