Österreich und Bayern streben Vergleich an
Die Finanzminister beider Länder wollen den Rechtsstreit mit einem Vergleich und einer Zahlung von 1,23 Mrd. Euro aus der Welt schaffen.
Die Finanzminister von Bayern und Österreich wollen den seit Ende 2012 währenden Rechtsstreit um wechselseitige Forderungen in Sachen Hypo, nunmehr Heta, beenden. Laut einer Absichtserklärung soll Bayern 1,23 Mrd. Euro erhalten, dafür werden alle sonstigen Ansprüche fallen gelassen.
WIEN. Für einen Generalvergleich fehle ihm die Fantasie, schließlich habe man nichts zu verschenken. Das sagte Gerd Häusler, Vorstandschef der Bayerischen Landesbank noch im Frühjahr 2014. 15 Monate später und nach einer wegen der Rückstellungen für die Hypo-Nachfolgegesellschaft Heta tiefroten Bilanz der BayernLB haben die Eigentümervertreter ihrer Fantasie freien Lauf gelassen und sich politisch auf einen Generalvergleich geeinigt, mit dem sämtliche anhängigen Gerichtsverfahren ad acta gelegt werden sollen. Am Dienstag haben die Finanzminister von Österreich und Bayern, Hans Jörg Schelling und Markus Söder, eine entsprechende Absichtserklärung unterschrieben, zuvor hatte sich Schelling dafür grünes Licht im Ministerrat geholt.
Laut der Vereinbarung wird Österreich 1,23 Mrd. Euro an die BayernLB zahlen, damit sind sämtliche Ansprüche abgedeckt. Der Betrag entspricht 45 Prozent der 2,75 Mrd. Euro, die die BayernLB als den Betrag eingeklagt hat, der ihr ihrer Meinung nach als Kredit an die Hypo (nun Heta) noch zusteht. Österreich und die Heta vertreten die Ansicht, es handle sich um nicht rückzahlbares Eigenkapital. Im Mai war man aber in einem Prozess in erster Instanz unterlegen.
Dieses zwar nicht rechtskräftige Urteil sowie die Tatsache, dass die Streitwerte aller Klagen und Widerklagen sich mittlerweile auf fast 16 Mrd. Euro summieren, haben zu einem Umdenken und dazu geführt, auf politischer Ebene eine Einigung zu suchen. Die ist nun gefunden.
Die 1,32 Mrd. Euro an die Bayern sollen aus der Verwertung der Heta abgedeckt werden und sind für die BayernLB die Untergrenze. Läuft die Abwicklung der Heta für die Gläubiger besser, erhält sie den auf sie entfallenden Anteil dazu. Bleibe weniger übrig, müsse man noch Geld nachschießen, umriss Schelling das Risiko der Republik.
Ob die Vereinbarung umgesetzt werden kann, hängt unter anderem noch davon ab, ob die Finanzmarktaufsicht zustimmt. Sie wickelt als Behörde bekanntlich die Heta ab und könnte die Meinung vertreten, dass auf dem Rechtsweg mehr zu holen sei, und den Heta-Vorstand zwingen, dies zu tun. Eine erste Reaktion der Behörde, mit der es laut Schelling vorab keine Gespräche gab, lässt keinen Widerstand erkennen. In einer schriftlichen Stellungnahme begrüßt die FMA die politische Initiative als „wichtige Maßnahme zur Begrenzung der Klagsrisiken und zur Stärkung der Rechtssicherheit bei der Abwicklung der Heta“. Schelling lässt den Vergleich zudem von Experten für Insolvenz- und Zivilrecht prüfen, angeführt von Irmgard Griss, ExPräsidentin des Obersten Gerichtshofs und Vorsitzende der nach ihr benannten Kommission zur Untersuchung der Vorgänge bei der Hypo.
Im Herbst soll das Gesetz ins Parlament kommen, das für die Zahlung der 1,23 Mrd. Euro an die Bayern nötig ist, sagte Schelling. An dem im Budget eingeplanten Betrag für Risiken aus der Abwicklung der Heta ändere sich durch die Vergleichszahlung nichts, dort seien schon 4,6 Mrd. Euro eingestellt.
Weder der mit den Bayern angepeilte Vergleich noch die Quote von 45 Prozent seien ein Präjudiz für den von der FMA zu ermittelnden Schuldenschnitt für die Heta-Gläu- biger, für deren Forderungen es bis Mai 2016 ein Zahlungsmoratorium gibt. Für Schelling sind die 45 Prozent „aber kein ungünstiges Signal an den Markt“. Apropos Markt. Ein zusätzliches Argument für den Vergleich sei gewesen, dass der Dauerstreit der Reputation auf dem Kapitalmarkt doch abträglich sei.
In München erklärte Finanzminister Söder die Abkehr von seiner bisher harten Linie gegenüber Österreich so: „Viel mehr werden wir nicht bekommen.“Der Vergleich sei „seriös und vertretbar“. Von der Opposition im Bayerischen Landtag erntete er für seinen Schwenk harsche Kritik. Söder habe lang den Superhelden markiert, hieß es, sei aber am Ende doch eingeknickt.
Auch für Schelling gibt es Gegenwind. Laut Grünen-Finanzsprecher Werner Kogler spiegelt der Vergleich „die von ÖVP-Finanzministern verschuldete schlechte Verhandlungsposition wider“. Man dürfe nicht nur die 1,23 Mrd. Euro sehen, die Hypo habe ja davor schon 2,3 Mrd. Euro zurückgezahlt. Die Neos wollen den Vergleich hinterfragen, die FPÖ bemängelt, dass Kärnten als Haftungsträger nicht eingebunden gewesen sei.
Für Österreich haben die Vereinbarung die beiden Banker Michael Mendel (Aufsichtsratschef der Heta) und Franz Zwickl (Ex-Bank-Austria-Vorstand, heute Wirtschaftsprüfer) sowie ein Mitarbeiter aus Schellings Kabinett verhandelt.