Nein – was nun? Keine gute Ausgangsposition für eine Lösung
Die Griechen am Boden, ihre Regierung isoliert, die europäischen Geldgeber in der Zwickmühle – was ist da schiefgelaufen?
Die Situation der griechischen Bevölkerung hat sich in den vergangenen Monaten weiter verschlechtert, ebenso die Reputation der Regierung in Athen. Und die Mitglieder der Eurozone sowie die Europäische Zentralbank befinden sich in der Zwickmühle zwischen weiterer Hilfe an Griechenland und Vertrauensverlust in die Stabilität der Währungsunion. Keine gute Ausgangsposition für eine Lösung. Dazu ein paar grundsätzliche Anmerkungen.
Die EU versteht sich gemeinhin als Solidarund Wertegemeinschaft. So haben die Nettozahlungen der EU an Griechenland seit dessen Beitritt 1981 bis 2013 pro Jahr im Durchschnitt 2,9 Prozent der griechischen Wirtschaftsleistung betragen. Trotzdem blieb Griechenland bis heute ein armes und nicht erst seit der Finanzkrise hoch verschuldetes Land – von Parteien regiert, die nur Klientelpolitik betrieben. Die Regeln zur Wirtschafts- und Finanzpolitik wurden so massiv gebrochen wie nirgendwo sonst. 2009 kam das Eingeständnis der Pleite.
Die EU hat geholfen, erst zögerlich, dann kräftig: zwei Hilfspakete, insgesamt 240 Mrd. Euro an Krediten mit minimaler Verzinsung, letztlich Geld der europäischen Steuerzahler. Solche Hilfsleistungen können prinzipiell nur mit entsprechenden Auflagen gewährt werden.
Den Geldgebern ist vorzuhalten, dass ihre Sparvorgaben eine Rezession auslösten. Für die dadurch entstandene soziale Katastrophe trägt aber die alte griechische Regierung, die Masseneinkommen beschnitt und Steuerschlupflöcher der Eliten bestehen ließ, die Mitschuld.
Die Wahl im Jänner 2015 war ein Aufstand gegen diese Politik. Doch die neuen Herren in Athen konnten oder wollten nicht verstehen, dass eine Solidargemeinschaft wie die EU und die Eurozone von Regeln lebt, die in der Substanz nicht gebrochen werden können, ohne die Existenz der Gemeinschaft aufs Spiel zu setzen. Die neue Regierung verstand auch nicht, dass Verhandlungen nur erfolgreich sind, wenn der Wille zur konstruktiven Zusammenarbeit besteht. Und dass nicht nur sie demokratisch legitimiert und den Wählern verantwortlich ist, sondern auch ihre Geldgeber. Und sie nahmen in Kauf, dass ein monatelanger Zickzackkurs, ohne konkrete Lösungsvorschläge im Rahmen des Machbaren, in eine Sackgasse führen muss.
Vom Verhandlungstisch aufzustehen und die Bevölkerung über ein Sparprogramm abstimmen zu lassen, das mit dem Verlassen des Tisches obsolet geworden ist, geht noch als Irreführung durch. Dass man die Konsequenzen eines Ja oder Nein beim Referendum nicht aufzeigt, ist aber Betrug an den eigenen Wählern.
Die EZB kann nach dem Nein beim Referendum wegen der griechischen Notenbank bis auf Weiteres keine zusätzliche Liquidität bereitstellen. Damit sind die Banken pleite.
Die EU muss, schon um glaubwürdig zu bleiben, darauf beharren, dass einmal aufgestellte Regeln nicht einseitig „abgeschafft“, sondern nur gemeinsam abgeändert werden können. Damit wird die Situation in Griechenland dramatisch. Die Solidarität der EU kann sich in dieser Situation nur auf ein humanitäres Hilfsprogramm beschränken. Eine stärkere Verhandlungsposition für Tsipras und Co. ist nicht zu sehen, aber viel mehr Leid für die Griechen.