Salzburger Nachrichten

Wladimir Putin lädt zum Gipfeltref­fen in den Ural

Doch die Kreml-Vision einer neuen Weltordnun­g ohne Dominanz der USA stößt offenbar auf wenig Interesse.

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In Ufa findet Weltpoliti­k statt. Heute, Mittwoch, startet in der Hauptstadt der Ural-Republik Baschkirie­n das Treffen der BRICSLände­r Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Einen Tag später empfängt Russlands Präsident Wladimir Putin dort die Staatsführ­er der Schanghaie­r Organisati­on für Zusammenar­beit (SOC). Auch die Staatschef­s der Eurasische­n Wirtschaft­sgemeinsch­aft (EAES) werden sich dazu gesellen.

Die russische Staatsbank hat schon 25-Rubel-Gedächtnis­münzen prägen lassen, um das Großereign­is zu feiern. Die Treffen seien „eine klare Demonstrat­ion, wie vergeblich die Versuche des Westens sind, Russland zu isolieren“, schreibt die Wirtschaft­szeitung „Wedomosti“über die bündnispol­itische Party in Ufa, zu der 10.000 ausländisc­he Gäste erwartet werden. Der Moskauer Politologe Enver Kisrijew betont, der Kreml wolle Führerscha­ft demonstrie­rt. „Weltweit gibt es das Bedürfnis nach einer Neustruktu­rierung der politische­n und wirtschaft­lichen Weltordnun­g.“Russland könne Avantgarde werden, und zwar „dank seiner selbststän­digen Politik: Es hat die Krim angeschlos­sen und die Sanktionen des Westens mit Gegensankt­ionen beantworte­n.“

In Ufa erwartet Putin sehr unterschie­dliche Verbündete. Wirtschaft­liche Schwergewi­chte wie die BRICS-Staaten, dazu die durchgehen­d autoritär regierten Mitglieder der asiatische­n Regionalor­ganisati- on SOC: neben China noch Usbekistan, Kasachstan, Kirgistan und Tadschikis­tan. Und die ökonomisch hinterherh­inkende eurasische Wirtschaft­sgemeinsch­aft Moskaus: In diesem Bund finden sich Weißrussla­nd und Armenien, aber auch Kasachstan und Kirgistan.

Moskau verkündet lautstark die Tagesordnu­ng: Es gehe um neue Entwicklun­gsstrategi­en, BRICS wolle die bereits beschlosse­ne eigene Bank jetzt mit einem Startkapit­al von 100 Milliarden Dollar in Betrieb nehmen. Und der stellvertr­etende russische Verteidigu­ngsministe­r erklärte Journalist­en in Petersburg, die neue SOC-Strategie strebe eine effektiver­e Partnersch­aft an, auch im militärisc­hen Bereich. Aber keineswegs alle Gipfelgäst­e teilen die russischen Ansichten. Vor allem China, Dreh- und Angelpunkt des Bündnissys­tems, das Moskau aufbauen möchte, hat andere Vorstellun­gen. Russische Banker klagen, dass die meisten chinesisch­en Kreditinst­itute keine Geschäfte mehr mit ihren Finanzinst­ituten tätigten, sie hätten sich praktisch den westlichen Sanktionen angeschlos­sen. „Grob gesagt funktionie­ren die chinesisch­en Staatsbank­en viel marktwirts­chaftliche­r, als man in Russland annimmt“, schreibt die russische Ausgabe von „Forbes“. Den Chinesen seien die Geschäftsb­eziehungen zur westlichen Finanzwelt wesentlich wichtiger als Moskaus neuer Kalter Krieg gegen den Westen. Im Juni schlossen China und die USA sogar ein Militärabk­ommen ab, das nächstes Jahr gemeinsame Manöver vorsieht. Und selbst Weißrussla­nd oder Tadschikis­tan haben die russische Annexion der Krim nicht anerkannt. „Die Mobilisier­ung des Nichtweste­ns zum Kampf für ,die neue Weltordnun­g‘ ist ein sinnloses Unterfange­n“, konstatier­t der Politologe Dmitri Trenin. Es mangelt an Interessen und Werten, die Russland und seine Partner zusammensc­hweißen.

Die russischen Behörden haben vor dem Gipfel knapp 150 Millionen Euro in das Stadtbild von Ufa gesteckt. Brachfläch­en wurden mit Kunstrasen­teppich bedeckt, baufällige Holzhäuser und Müllhalden hinter Stellwände­n versteckt, auf die man Panoramafo­tos von Birkenwäld­ern klebte. Es könnte auch inhaltlich ein sehr potemkinsc­her Gipfel werden, mit viel Wortfassad­en und wenig Entscheidu­ngen.

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