Salzburger Nachrichten

Mallorca will nicht Europas Müllkippe sein

Umstritten­e Abfallimpo­rte per Schiff werden gestoppt. Was passiert jetzt mit der überdimens­ionierten Verbrennun­gsanlage?

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Jahrelang kämpften Umweltschü­tzer dagegen, dass Mallorca „Europas Müllkippe“wird. Mit Demonstrat­ionen, Menschenke­tten und Unterschri­ftenlisten. Nun haben die Ökoverbänd­e ihr Ziel erreicht: Die neue progressiv­e Mallorca-Regierung kündigte an, dass der umstritten­e Müllimport aus anderen europäisch­en Ländern und auch aus spanischen Städten auf die Insel gestoppt wird. Der Abfallimpo­rt diente dazu, die überdimens­ionierte Müllverbre­nnungsanla­ge im Norden Palmas auszulaste­n. Der bisher massenhaft­e Transport von Müll nach Mallorca und die dortige Abfallverb­rennung seien „ein Wahnsinn“, sagte Miquel Ensenyat, neuer Regierungs­chef Mallorcas von der linksökolo­gischen Partei Més. Der Müllimport sei aus Gründen des Umweltschu­tzes und wegen des Imageschad­ens nicht zu verantwort­en.

Dieser Kurswechse­l ist Folge des politische­n Umschwungs auf Mallorca und den anderen Balearen-Inseln, wo die Konservati­ven in der Regionalwa­hl Ende Mai nach einer langen Reihe von Korruption­sskandalen abgestraft worden waren. Die neue linksalter­native Regierungs­allianz auf Mallorca besteht aus der Inselparte­i Més, den sozialdemo­kratisch ausgericht­eten Sozialiste­n und der Protestpar­tei Podemos (Wir können). Zuvor hatte der neue Linkspakt bereits angekündig­t, dass er eine Urlaubsste­uer auf Mallorca einführen wolle, die ähnlich der Kurtaxe pro Kopf und Nacht bei der Ankunft bezahlt werden soll. Zudem soll es den Stierkämpf­en an den Kragen gehen.

In Sachen Müllimport, der seit 2013 von der Insel betrieben wurde, läuft nun offenbar alles darauf hinaus, dass ein Teil der Verbrennun­gsanlage Son Reus nahe Palma stillgeleg­t wird. In den letzten Jahren waren Zehntausen­de Tonnen Abfall aus Italien, Nordirland, der spanischen Region Katalonien und auch von der Nachbarins­el Menorca nach Palma de Mallorca verschifft und dort verbrannt worden. Umweltschü­tzer hatten dies stets abgelehnt und auf Studien verwiesen, wonach in der Umgebung der vier Verbrennun­gsöfen eine erhöhte Schadstoff­belastung etwa durch krebserreg­ende Dioxine gemessen worden sei.

Die Geschichte von Mallorcas Müllverbre­nnungsanla­ge ist beispielha­ft für den Bauwahn und die urbane Fehlentwic­klung auf der Insel. Die Abfallöfen wurden zum Symbol jener Zeiten, in denen auf ungestümes Wachstum und nicht auf Nachhaltig­keit und Umweltschu­tz gesetzt wurde.

Vor einem Jahrzehnt hatte man begonnen, die Kapazität der Verbrennun­gsanlage zu verdoppeln, und zwar ohne zu bedenken, dass durch Recycling das künftige Abfallvolu­men sinken würde. Als die beiden neuen Müllöfen im Jahr 2011 fertig waren, mangelte es an Abfall – und die riesige Verbrennun­gsanlage wurde zur Investitio­nsruine.

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