Klein, sauber und leise
Für Autos wird in den Städten immer weniger Platz vorhanden sein. Wendige Leichtfahrzeuge bieten ein Konzept für künftige Mobilität. Doch in der Entwicklung sind noch ein paar Hürden zu nehmen.
In vielen Städten wird es eng. Es mangelt nicht nur an Wohnraum für immer mehr Menschen, es fehlen Parkplätze, Autos kommen nicht mehr voran.
Lebten im Jahr 1950 weltweit rund 750 Millionen Menschen in Städten, so waren es im Jahr 2014 bereits knapp vier Milliarden. 73 Prozent der europäischen Gesamtbevölkerung wohnen in urbanen Ballungsräumen. Mehr Verkehr, mehr Lärm, mehr Schadstoffemissionen sind die Folgen.
Neue Konzepte für die Mobilität sind dringlich. Es existiert eine steigende Nachfrage nach kostengünstigen, sauberen, leisen, platzsparenden und leicht manövrierbaren Stadtfahrzeugen, die es einer breiten Schicht an Nutzern erlauben, sich unabhängig, komfortabel und günstig in Ballungsräumen fortzu- bewegen. Forscher und Fahrzeughersteller mit ihren Zulieferern denken gemeinsam darüber nach, wie man diese Nachfrage bedienen kann.
Ein Zentrum, in dem sie das tun können, ist das Grazer Virtual Vehicle Research Center. Eines der derzeit großen Projekte, das dort jetzt startet und von der EU mit 6,7 Millionen Euro gefördert wird, sieht die Entwicklung von Leichtfahrzeugen für die Stadt vor. Die L-Klasse, motorisierte leichte Fahrzeuge mit zwei, drei oder vier Rädern, sind bereits ein – wenn auch oft kleines – Zusatzangebot zum öffentlichen Verkehr, Radfahren oder Gehen. Doch sie sind teuer.
Werner Rom ist Bereichsleiter Interdisziplinäre Fahrzeugentwicklung im Virtual Vehicle Research Center. „Bei Leichtfahrzeugen sind die Stückzahlen nicht zu erreichen, die bei Pkw üblich sind“, sagt er, „in der Pkw-Welt bringt ein Modell bis zu zehn Millionen Fahrzeuge. Bei Zweirädern sind es nur noch 100.000 bis maximal eine Million Stück. Bei Dreirädern reden wir gar nur von rund 10.000 Fahrzeugen pro Modell. Außerdem gibt es für die L-Klasse bislang keine modularen Plattformen wie im Pkw-Bereich, die die Verwendung identischer Fahrzeugkomponenten für unterschiedliche Modelle ermöglichen. Das würde die Kosten massiv senken. Und die Kooperation der Fahrzeughersteller ist in diesem Bereich noch marginal.“
Die Forschungspartner des Projekts „EU-LIVE“(Efficient Urban Light Vehicles) werden Lösungen erarbeiten, das heißt, modular aufgebaute voll- und teilelektrifizierte Antriebsstränge, aber auch Karosserieaufbauten für unterschiedliche Einsatzzwecke und Nutzer entwickeln.
Die Anforderungen sind nicht gering: Fahrzeuge der L-Klasse sollen so komfortabel sein wie ein Auto der Mittelklasse, sie müssen für Fahrten zu allen Jahreszeiten tauglich sein und sie müssen auch die Sicherheit eines Pkw bieten.
Wenn Leistung und Kosten nicht in einem guten Verhältnis zueinander stehen, wird der Kunde solche Fahrzeuge nicht kaufen. Das ist derzeit bei den teuren Elektromobilen zu sehen, die wegen geringer Reichweite höchstens als Zweitwagen für den Stadtverkehr angenommen werden.
Die Leichtfahrzeuge sind von vornherein für die Stadt oder kürzere Fahrten ins Umland gedacht.
In der Entwicklung sind allerdings ein paar Hürden zu nehmen, wie Werner Rom berichtet: „Wir müssen auf wenig Platz viel Technik unterbringen. Wir brauchen energieeffiziente und kostengünstige Komponenten für den rein elektrischen Antrieb oder für den Hybrid, der Elektromotor und Verbrennungsmotor kombiniert. Außerdem gibt es für Leichtfahrzeuge üblicherweise keine Fahrerassistenzsysteme wie ABS oder ESP. Doch diese sind besonders wichtig für die Sicherheit.“
Werner Rom und seine Kollegen werden nun Prototypen entwickeln und dabei Nutzer mittels Befragungen und Tests miteinbeziehen. Denn je nach Land haben Fahrer unterschiedliche Wünsche an die kleinen Fahrzeuge.
„Leichtfahrzeuge müssen so sicher und komfortabel wie ein Pkw sein.“