Zeugnisse verlieren an Bedeutung Kompetenzen treten immer stärker in den Vordergrund.
In den Bildungsdiskussionen der Zukunft wird der Begriff „Kompetenz“immer mehr in den Vordergrund treten. Ob im In- oder Ausland, in einer Schule, im dualen Bildungssystem, in Weiterbildungskursen, beim ehrenamtlichen Engagement oder in der betrieblichen Praxis: Wo und wie diese Kompetenzen – und das damit verbundene Wissen – erworben wurden und werden, zunehmend unwichtiger.
Dazu kommt, dass schulisches Wissen ein immer früheres Ablaufdatum hat. Denn alle drei Jahre verdoppelt sich das weltweit verfügbare Wissen. Verlieren unter diesen Bedingungen Schul- und Hochschulzeugnisse zunehmend ihre dominante Bedeutung und verlassen sich die Betriebe zukünftig bei Jobbewerbungen lieber auf eigene Kompetenzüberprüfungen? 56 Prozent der Österreicherinnen und Ös- terreicher prognostizieren diese Entwicklung. Nur die Altersgruppe 60 plus (51 Prozent) glaubt noch ein wenig stärker an den Wert von Zeugnissen. Allem Anschein nach steht die Berufs- und Wissenswelt von morgen vor der großen Herausforderung, neue Formen der Zertifi- zierung auch für nicht schulisch bestätigtes Wissen und Können zu entwickeln.
Dies ist jedoch nur ein Teil des zukünftigen Handlungsbedarfs. Unzureichend gelöst ist nämlich auch der Umgang mit den international unterschiedlich geregelten länderspezifischen Aus- und Weiterbildungsabschlüssen. Zumindest im Hinblick auf den EU-Raum wurde in diesem Zusammenhang 2008 von EU-Parlament und EU-Rat der „Europäische Qualifikationsrahmen“beschlossen. Auf der Basis dieser allgemeinen EU-Empfehlung hat auch Österreich einen „Nationalen Qualifikationsrahmen“erarbeitet. Die Umsetzung dieses zukunftsträchtigen Programms in der beruflichen und pädagogischen Praxis funktioniert jedoch nur schleppend.
Österreich 2033
Reinhold Popp (Univ.-Prof., Zukunftsforscher) und Ernestine Depner-Berger (Institut für Grundlagenforschung).