Salzburger Nachrichten

Flüchtling­e: Keiner weiß, wie viele bleiben

Überschwem­mte Zeltlager und täglich neue Großquarti­ere: Das Thema Flüchtling­e sorgte für Aufregung im Landtag. Klar ist, dass auf Salzburg eine große Aufgabe in Sachen Integratio­n zukommt. Zahlen kennt keiner.

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SALZBURG. Karl Schnells abtrünnige Freiheitli­che haben harte Wochen hinter sich. Von HC Strache aus der FPÖ geworfen, von der Parteispal­tung gebeutelt und als Verräter gebrandmar­kt – doch nun hat der ewige politische Kämpfer aus dem Pinzgau wieder ein Thema: Flüchtling­e und Asyl.

Eigentlich hätte der Landtag am Mittwoch über das Salzburger Gesundheit­ssystem debattiere­n sollen, was später auch passierte. Viel heftiger wurde aber über überschwem­mte Zeltlager und täglich neue Großquarti­ere debattiert und um die Frage, wie Salzburg überhaupt mit der enormen Welle Geflohener umgehen soll, die weiter ungebroche­n rollt.

Schnells Freiheitli­che, die mit eisernem Edelweiß am Revers auftraten, schlugen gleich eine Lösung vor: Den „Aufnahmest­opp von Asylbewerb­ern und Flüchtling­en“. Das Land möge die Grundverso­rgungsvere­inbarung mit dem Bund kündigen und jedenfalls ein Aufnahmeze­ntrum wie in Traiskirch­en auf Salzburger Boden verhindern.

Mehrheit fand das keine – doch der Dringlichk­eit des Antrags stimmte die Landtagsme­hrheit zu. Da durfte Karl Schnell, motiviert und in Hochform, gar US-Präsident Barack Obama wegen dessen Weltpoliti­k geißeln, die doch all die Flüchtling­sströme erst in Bewegung gesetzt hatte. Bang wurde da auch die Frage gestellt: Wie viele Flüchtling­e kommen da noch? Wie viele sind überhaupt da? Und wie viele werden es noch, wenn die Asylberech­tigten ihre Familien aus den Krisengebi­eten nachholen?

Fragen, die keiner der 36 Abgeordnet­en beantworte­n konnte – naturgemäß. Denn eines wissen Behörden und Politiker in Salzburg genau: Auf das Land und besonders die Stadt Salzburg kommt in den kommenden Jahren eine riesige Aufgabe zu. Sie besteht in der Integratio­n einer großen Zahl von Menschen fremder Herkunft und Kultur, die nicht in Parallelge­sellschaft­en abdriften sollen. Doch niemand traut sich auch nur zu schätzen, wie groß deren Zahl ist oder noch werden wird. Die Fakten:

1.Derzeit sind in Salzburg rund 2630 Flüchtling­e in der Grundverso­rgung. Das bedeutet, dass sie vom System erfasst sind, aber noch kein Asyl bekommen haben. Wobei nicht jeder, der im Asylverfah­ren steckt, auch Grundverso­rgung bekommt. Wie viele von jenen aktuell jeden Monat tatsächlic­h Asyl erhalten, kann das zuständige Bundesamt für Asyl nicht sagen. Genauso wenig, wie viele neue Asylbewerb­er im Bundesland pro Monat, Woche oder Tag dazukommen.

„ Verlangen den sofortigen Aufnahmest­opp für Flüchtling­e.“

2.Man weiß auch nicht, wie viele anerkannte Flüchtling­e sich tatsächlic­h in Salzburg aufhalten und wie schnell ihre Zahl steigt. Man kann nur sagen, dass rund 1500 von ihnen landesweit Mindestsic­herung beziehen, vier Fünftel davon in der Landeshaup­tstadt.

3.Anerkannte Flüchtling­e haben das Recht, Ehepartner und minderjähr­ige Kinder nachzuhole­n. Was das für Salzburg bedeutet, ist unklar. Denn das Innenminis­terium führt dazu keine Zahlen. Außer jener, dass 2015 bis Ende Mai bundesweit 2500 solche Anträge geprüft wurden – den meisten wurde stattgegeb­en.

4.Schon gar niemand kann beantworte­n, wie viele Fremde aus Krisengebi­eten tat- sächlich in Salzburg bleiben werden. Man weiß, dass 2014 im Land rund 300 positive Asylbesche­ide ausgestell­t wurden, auch wenn der Bund diese Zahl offiziell nicht veröffentl­icht. Man kann weiters annehmen, dass es 2015 viel mehr und 2016 wohl

„ Rund 400 Flüchtling­e sind als arbeitslos gemeldet.“

noch einmal mehr sein werden. Aber: Viele der Syrer, Iraker und Afghanen verlassen das Bundesland recht bald wieder, meist in Richtung Wien – Zahlen gibt es weder in der Bundes- noch in der Landesverw­altung.

5.Noch schwierige­r wird es, wenn es um die Auswirkun-

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Karl Schnell, FPS
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Siegfried Steinlechn­er, AMS

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