Wir brauchen Vernunft und Augenmaß
Die eine (sie ist übrigens freiheitliche Nationalratsabgeordnete) will abgelehnte Asylbewerber nur noch in Militärmaschinen in ihre Heimat rückverfrachten. Begründung: „Da können sie schreien, so laut sie wollen!“
Die anderen heißen die Migranten mit offenen Armen willkommen und halten jeden negativen Asylbescheid für eine flagrante Verletzung der Menschenrechte.
Die einen wollen die Herzen und Börsen öffnen. Die anderen wollen die Grenzen schließen. Und die Flüchtlingsboote zurück übers Meer treiben.
Die einen fürchten sich vor kultureller Überfremdung. Die anderen freuen sich über eine kulturelle Bereicherung.
Die einen warnen: „Völkerwanderung!“Die anderen sagen: „Willkommen!“
Und in der Politik sorgt der Umstand, dass in Traiskirchen und ähnlich gelagerten Flüchtlingsstätten sich täglich eine humanitäre Katastrophe ereignet, für weniger Aufregung, als es – sagen wir – ein mittlerer Kompetenzstreit zwischen Erwin Pröll und Gabriele Heinisch-Hosek tun würde. Dabei hätte ebendiese Politik eine Aufgabe, die weit über das Bereitstellen von Quartieren und das Beschleunigen von Asylverfahren hinausgeht. Die Aufgabe besteht darin, unsere Gesellschaft aus ihren Extrempositionen herauszuführen. Jenen Extrempositionen, die sich entweder in einem vorbehaltlosen Ja oder in einem ebenso vorbehaltlosen Nein zu den Asylbewerbern äußern. Die Angelegenheit ist diffiziler: Ja, wir haben die Verpflichtung, die Menschen, die bereits bei uns sind, so zu behandeln, wie es Menschen gebührt. Aber: Nein, Österreich kann nicht all die Menschen aufnehmen, die zu uns strömen, auch nicht die 70.000, die bis Jahresende unsere Grenzen passiert haben werden.
Daraus folgt: Nicht jeder, der wie der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer verschärfte Grenzkontrollen andenkt, ist ein rechter Hardliner. Nicht jeder, der das Los der Asylbewerber verbessern will, ist ein linker Träumer. Wir brauchen nicht nur Quartiere und Betten. Wir brauchen Vernunft und Augenmaß.