In der CDU/CSU ist Schimpfen Trumpf
Trotzdem werden die Mandatare ihrer Kanzlerin Angela Merkel folgen – was auch sonst?
„Schwimmen Sie nicht zu weit hinaus.“Diesen heißen Tipp gab der nie um einen flotten Spruch verlegene Parlamentspräsident Norbert Lammert (CDU) vor einer Woche in der letzten Sitzung vor der Sommerpause seinen Abgeordnetenkollegen mit auf den Weg. Damit deutete er an, dass Mitte nächsten Woche eine Sondersitzung stattfinden könnte, in der der Bundestag zunächst einmal der Aufnahme von weiteren Verhandlungen mit Griechenland zustimmen müsste. Das könnte schwierig werden.
Vor allem in den Reihen von Angela Merkels CDU/CSU hat sich gewaltiger Unmut angestaut. Schon bei der Abstimmung im Februar hatten 29 Mandate der Kanzlerin die Gefolgschaft verweigert. Mehr als hundert hatten damals erklärt, einem dritten Hilfspaket nicht mehr zuzustimmen. Besonders entrüstet über das Verhalten der griechischem Regierung zeigte sich die CSU. Generalsekretär Andreas Scheuer schäumte: „Die linken Erpresser und Volksbelüger wie Tsipras können mit ihrer schmutzigen Tour nicht durchkommen.“Der stellvertretende CSU-Chef Peter Ramsauer forderte Griechenland zum Verlassen der Eurozone auf. Athen führe seine Partner „wie Tanzbären durch die Manege“. Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer fragte: „Warum soll eine Rentnerin aus München mit ihren Steuer-Euros indirekt dafür haften, dass reiche griechische Reeder zu wenig Steuer zahlen?“Aber auch aus der SPD kamen viele kritische Stimmen. Allen voran Parteichef Sigmar Gabriel hatte schon am vergangenen Sonntagabend Premier Alexis Tsipras vorgeworfen, dieser habe „letzte Brücken eingerissen“. Der Abgeordnete Karl-Heinz Brunner sprach von einem „durchgeknallten Team, das sein Land in den Abgrund führt“. Seinem Kollegen Johannes Kahrs fielen nur noch zwei Worte ein: „Die spinnen.“
Auch die jüngsten Vorschläge aus Athen stießen bei Unions-Politikern auf Misstrauen. CDU-Fraktionsvize Ralph Brinkhaus bezweifelte deren Glaubwürdigkeit. Sein CSU-Kollege Hans-Peter Friedrich meinte: „Entweder die griechische Regierung trickst ihr eigenes Volk aus oder wieder mal uns.“
Die Regierung bemühte sich, den Ball flach zu halten. Während Frankreichs Präsident François Hollande dem jüngsten Angebot aus Athen schon Positives abzugewinnen vermochte, wollte Regierungssprecher Steffen Seibert die Vorschläge noch nicht bewerten: „Die Bundesregierung nimmt zur Kenntnis, dass Griechenland wie angekündigt eine Liste vorgelegt hat.“Schäubles Sprecher Martin Jäger drängte das griechische Parlament zu Reformschritten bereits am Freitagabend: „Gut wären erste Schritte in Richtung Gesetzgebung.“Nur der SPD-Politiker Carsten Schneider sprach von „ernsthaften Eigenanstrengungen“. Trotz allen Unmuts gibt es aber nach wie vor eiserne Merkel-Getreue wie Peter Hintze, Chef der mächtigen nordrhein-westfälischen Landesgruppe: „Ich bin sicher, dass die Fraktion in jedem Fall einem Vorschlag von Bundeskanzlerin Merkel folgen wird.“Alles andere ist im Universum von CDU/CSU nicht wirklich vorstellbar.