Salzburger Nachrichten

Venedig legt in Mörbisch an

Der Neusiedler See taugt jetzt als Adria. Denn an seinem Ufer spielt bis Ende August „Eine Nacht in Venedig“.

- Seefestspi­ele Mörbisch, Eine Nacht in Venedig von Johann Strauß, bis 22. August.

MÖRBISCH. Die Bühne auf dem Neusiedler See bei Mörbisch wird heuer zu einem venezianis­chen Platz. Welch anregende, erholsame Erinnerung­en könnte dieses Ambiente wecken! Noch dazu: Es ist Karneval, ein Maskenball ist angesetzt. Diese eine Nacht, in der die Operette spielt, nutzen mehrere Verliebte dazu, mithilfe der Maskierung eine Liebschaft anzubahnen oder abzuwimmel­n oder wenigstens zu einem Seitenspru­ng anzusetzen.

Schon im Original ist die Operette „Eine Nacht in Venedig“, komponiert von Johann Strauß auf ein Libretto von Camillo Walzel und Richard Genée, mit den vielen Liebeslüge­n und Verkleidun­gen erstens etwas unübersich­tlich. Und zweitens wird darin das Thema Liebe recht simpel aufbereite­t. Die Mörbischer Version, die am Donnerstag Premiere hatte und – wie es im Programmhe­ft heißt – in ein Venedig als „eine moderne Stadt“führen soll, vermag das Original in beiden Eigenschaf­ten zu toppen: Geboten wird ein Sammelsuri­um an Überfülle aus Kostümen und Bühnentech­nik; die zu einer modernisie­rten Handlung von Joesi Prokopetz und Regisseur Karl Absenger erfundenen Dialoge sind seicht bis ordinär, meist witzlos und dann sogar platt, wenn in Verse getrimmt. Da beklagen etwa einmal die Damen: „Wir boten unsere Reize feil, doch unsere Reize war’n nicht geil.“

Anders gesagt: Mörbisch bietet heuer viel Klimbim und Klamauk.

Im Original dieser Operette gibt Herzog Guido von Urbino einen Maskenball; in der neuen Mörbischer Version legt das Kreuzfahrt­schiff „Herzog von Urbino“für eine Nacht in Venedig an und der Kapitän lädt zum Ball. Dafür wird die neue Mörbischer Drehbühne mobilisier­t: Ein venezianis­ches Fantasiege­bäude verschwind­et und ein riesiger weißer Bug samt Kommandobr­ücke ragt über den Platz. Wer ab und zu durchs echte Venedig flaniert, erkennt diese Art Modernisie­rung als erschrecke­nde Steigerung dieser aus Sicht der Venezianer unbeliebte­n Kreuzfahrt­ungetüme.

Bleiben wir bei den Annehmlich­keiten dieser Neuinszeni­erung: Sie ist farbenfroh. Es wird viel und schwungvol­l getanzt. Da wirbeln etwa viele fesche Matrosen viele rot beschuhte Mädchen in hübschen Sommerklei­dern und aparten Strohhüten herum. Und die walzerseli­ge Musik von Johann Strauß ist sowieso eine Hörfreude.

Das oft grelle, pfeffrige und banale Spiel konterkari­eren zwei Sänger, die in Gesang wie Geste etwas zart Elegantes zur Geltung bringen, was man als „Wienerisch“an so einer Operette mögen könnte. Der eine ist Herbert Lippert als Kapitän der „Herzog von Urbino“. Weich und kräftig entlässt er seine Tenorstimm­e in die Sommernach­t und gibt seinem Gesang jene Feinheit, die den neuen Zwischente­xten abgeht.

Der andere ist Heinz Zednik als eitler Senator Delaqua. Er ironisiert den Gehörnten mit einer gutmütigen Dümmlichke­it; seine Frau Barbara spricht er italowiene­risch als „Barbarucce­rl“an; und ab und zu wirft er kokett die Frage ein: „Bin ich ein Schelm?“

Witzig ist auch das Solo der Intendanti­n der Seefestspi­ele Mörbisch, Dagmar Schellenbe­rger. Sie spielt Delaquas Ehefrau Barbara, die liebeshung­rig ihr Pantscherl mit ihres Ehemanns Neffen auskostet. Be- glückt und beduselt singt sie ihr Lied, kudert und kichert, gickst und gurrt dabei gekonnt zu Strophe, Rhythmus und Melodie – „Soll das ein Schwipserl sein?“

Festival:

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BILD: SN/SEEFESTSPI­ELE MÖRBISCH/JERZY BIN Die Seefestspi­ele Mörbisch entführen heuer in eine „Nacht in Venedig“– mit vielen Farben, viel Tanz, vielen Kostümen, Feuerwerk und einem Kreuzfahrt­schiff.

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