Eltern streiten um Kinder
Ein Bub und ein Mädchen müssen doch nicht gegen ihren Willen zum Vater nach Spanien ziehen.
Die geplante Rückführung zweier Kinder zu ihrem Vater nach Spanien führte am Freitagnachmittag in Gmunden zu emotionalen Szenen vor dem Bezirksgericht: Zahlreiche Unterstützer der Mutter demonstrierten vor dem Gebäude, sie durften nicht hinein. Ihnen stand ein Polizeiaufgebot gegenüber. Die Ankündigung „Jetzt stürmen wir das Gericht“wurde nach eindringlichen Warnungen der Exekutive nicht in die Tat umgesetzt. „Die Kinder fahren da nicht weg, da lass ich mich überfahren“, sagte ein Teilnehmer.
Doch so weit kam es nicht. Am Abend entschied das Bezirksgericht, dass die Kinder bei der Mutter in Oberösterreich bleiben dürfen. Allerdings sei das nicht endgültig, gab Marco Nademleinsky, der Anwalt der Frau zu bedenken. Der Vater könnte einen neuerlichen Antrag auf Vollzug der Rückführung stellen. Auch das Gericht könnte erneut von Amtswegen tätig werden.
Die Familie war aber sichtlich erleichtert. In der Ladung für Freitag hatte es wörtlich geheißen: „Es wird Ihnen der gerichtliche Auftrag erteilt, die beiden minderjährigen Kinder zu diesem Termin samt deren Gepäck zur Übergabe mitzunehmen!“
Die vor dem Gericht wartenden Sympathisanten jubelten. „Die Freude ist gigantisch. Ich bin stolz über den Zusammenhalt in Gmunden“, sagte Bürgermeister Stefan Krapf. Im Salz- kammergut hatten rund 600 Menschen für den Verbleib der Kinder unterschrieben.
Konkret geht es um ein zwölfjähriges Mädchen und seinen zehnjährigen Bruder. Die Geschwister waren mit ihrer Mutter von Mallorca nach Österreich übersiedelt – gegen den Willen des Vaters, der sich mit seiner in Scheidung lebenden Frau das Sorgerecht teilte, und ohne Genehmigung durch das zuständige Gericht. Es war zuvor festgelegt worden, dass die Eltern einvernehmlich über einen Umzug entscheiden müssen. Der Vater beantragte die Rückführung nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung. In dem Verfahren gaben die Kinder an, dass sie lieber in Österreich bleiben wollen, sich aber regelmäßigen Kontakt zu ihrem Vater wünschen. Das Mädchen besucht ein Gymnasium, ihr Bruder die Volksschule.
Das Erstgericht wies daraufhin den Rückführungsantrag ab. Das Landesgericht Wels als zuständiges Rekursgericht änderte diese Entscheidung und gab dem Antrag statt. Der OGH wies den dagegen erhobenen Revisionsrekurs der Mutter zurück. Für ihn handelt es sich um eine Ermessenssache. Das Gericht habe Authentizität und Ernsthaftigkeit des von den Kindern geäußerten Wunschs abzuwägen. Ihr Wille sei aber für die Richter nicht bindend. Je älter das Kind, umso größeres Gewicht komme den Verweigerungsgründen zu. Bei einem Kind knapp vor Erreichen des 16. Lebensjahres reiche in diesem Sinn zur Verhinderung der Rückführung schon ein geringfügiger Widerstand, während bei Jüngeren „an den Widersetzungsgrad höhere Anforderungen zu stellen seien“, urteilte der OGH.
Vor dem Termin hatte die Mutter angekündigt, dass die Kinder gegen ihre Rückführung deutlichen Widerstand leisten würden. „Es war anstrengend, aber ich habe wie eine Löwin für meine Kinder gekämpft“, sagte die Mutter nach der Verhandlung zu den „Oberösterreichischen Nachrichten“. „Ich bin froh, dass der Richter den Willen meiner Kinder respektiert hat.“Laut ihrem Anwalt klammerten sich die Geschwister weinend aneinander, als die Mutter zur Einvernahme der Kinder das Verhandlungszimmer verlassen musste.
Der aus Mallorca angereiste Vater fuhr in einem Auto mit slowakischem Kennzeichen davon.