Mechaniker überwältigten Amokfahrer
Ein 47-Jähriger schoss aus seinem Cabrio wahllos auf Passanten. Zwei Menschen starben, andere kamen mit dem Schrecken davon. Das Motiv des Täters gibt den Ermittlern Rätsel auf.
Trauer und Fassungslosigkeit herrschen nach der Amokfahrt des 47-jährigen Bernd G. am Freitag in Mittelfranken. In der Gemeinde Leutershausen im Landkreis Ansbach soll er zuerst am Vormittag auf eine Frau (82) gefeuert und kurze Zeit später in einem anderen Ortsteil fünf Kilometer entfernt einen Fahrradfahrer (72) erschossen haben. Für beide Opfer kam jede Hilfe zu spät.
Außerdem soll der Beschuldigte auch auf einen Landwirt auf seinem Traktor und einen weiteren Autofahrer geschossen haben. Der Landwirt wurde durch Splitter verletzt. Der Verdächtige flüchtete mit einem silberfarbenen Mercedes-Cabrio, wurde aber gegen Mittag an einer Tankstelle überwältigt. Der mutmaßliche Amokschütze stamme aus Mittelfranken, sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in Ansbach bei einer Pressekonferenz.
Nach jetzigem Ermittlungsstand gebe es keine Beziehung zwischen Täter und Opfern, sagte Herrmann weiter. Der Schütze habe „willkürlich, aber gezielt“auf seine Opfer geschossen. Es gab laut Polizei auch keinen „Gesprächskontakt zwischen dem Täter und den Opfern“. „Es ist daher von einem Amoklauf auszugehen“, betonte Herrmann.
Bei dem Mann wurden ein Revolver und eine Pistole sichergestellt. Die Taten seien wohl mit einer dieser Waffen begangen worden, hieß es. Der 47-Jährige hatte den Behörden zufolge zwar keinen Waffenschein, wohl aber eine Waffenbesitzkarte besessen. Diese berechtige zur Nutzung der Waffe im Sportheim, verbiete aber das ständige Tragen der Waffe. Der Verdächtige habe die Waffen also besitzen und gesichert aufbewahren dürfen.
Der Täter sei rund 30 Kilometer von den Tatorten entfernt an einer Tankstelle in Bad Windsheim über- wältigt worden. Er hatte dort nach Polizeiangaben Mitarbeiter mit der Pistole bedroht. Als er die Waffe kurz auf dem Tresen abgelegt habe, habe eine Mitarbeiterin die Waffe an sich genommen. Daraufhin hätten zwei Mechaniker den Mann überwältigt. Mittelfrankens Polizeivizepräsident Roman Fertinger sagte, ihnen sei die rasche Festnahme des Mannes zu verdanken.
Die Polizei sei um 10.02 Uhr über die erste Tat informiert worden, sagte Fertinger. Die Frau sei auf dem Gehweg vor ihrem Haus erschossen worden. Um 11.48 Uhr sei dann die Mitteilung eingegangen, dass der Verdächtige an einer Tankstelle in Bad Windsheim aufgetaucht sei. Der Leitende Oberstaatsanwalt Gerhard Neuhof sagte, es handle sich in zwei Fällen um Mord: bei der Tötung der 82 Jahre alten Frau sowie jener des zehn Jahre jüngeren Rad- fahrers. Bei den Schüssen auf einen Traktorfahrer gehen die Ermittler von versuchtem Mord aus.
Der mutmaßliche Täter habe nach seiner Festnahme psychische Auffälligkeiten gezeigt, sagte Neuhof. Die Behörde habe daher einen psychiatrischen Sachverständigen eingeschaltet. Dieser solle entscheiden, ob der Tatverdächtige in die Psychiatrie oder in Untersuchungshaft komme. Der Verdächtige sei ein 47 Jahre alter Mann, der kriminalpolizeilich bisher nicht aufgefallen sei.
Die Polizei hatte am Vormittag zunächst eine Großfahndung nach dem Schützen gestartet und die Bevölkerung aufgerufen, bei Hinweisen sofort den Notruf zu wählen: „Der Fahrer ist bewaffnet und macht rücksichtslos von der Schusswaffe Gebrauch“, warnten die Fahnder.
Der Bürgermeister von Leutershausen, Siegfried Hess, zeigte sich entsetzt von der Tat. „In einem Ort mit 5500 Einwohnern, in dem wir immer beschaulich gelebt haben, kannte man solche Situationen nur aus dem Fernsehen“, sagte Hess. Er sei „fassungslos und von den Socken“. In so einem ländlichen Gebiet könne man sich so etwas gar nicht vorstellen. „Und dann passiert so etwas vor der Haustür. Da fällt einem nichts mehr ein.“Und weiter: „Diese Tat wirft uns komplett aus der Bahn. Es bleibt uns nur, den Hinterbliebenen unser Beileid auszudrücken.“