Bosnien bleibt ein zerrissenes Land
Bosnisch-serbische Einheiten haben 1995, unterstützt vom Regime des Slobodan Milošević, in Srebrenica ein Massaker verübt. 20 Jahre danach bleibt der Mord an 8000 Muslimen eine offene Wunde.
Wohl gibt es positive Zeichen im früheren Jugoslawien. Serbiens Premier Aleksandar Vučić ist in den 1990er-Jahren noch ein nationalistischer Fanatiker gewesen. Heute verurteilt er das Massaker von Srebrenica als „monströses Verbrechen“. Serbische nichtstaatliche Organisationen gedachten in Belgrad der Opfer des Massakers, obwohl die Behörden dies verboten hatten.
Aber Bosnien-Herzegowina ist weiterhin ein zerrissenes Land. Die drei – vorrangig religiös definierten – Staatsvölker der Serben, Muslime und Kroaten sind weit davon entfernt, Schrecken wie die von Srebrenica kritisch aufzuarbeiten und eine gemeinsame Zukunft aufzubauen. Das Abkommen von Dayton 1995 hat zwar einen blutigen Krieg beendet, aber es hat kein funktionierendes Staatsgebilde geschaffen. Die Serbische Republik und die Kroatisch-Muslimische Föderation blockieren sich gegenseitig.
Dieser Zustand ist nicht länger hinnehmbar. Europa muss sich anstrengen, den Prozess der Versöhnung in Bosnien voranzubringen. Eine Zone der Instabilität zieht sich heute von Griechenland über Mazedonien und den Kosovo bis nach Bosnien. Die schwachen Balkanstaaten sind kaum in der Lage, den Flüchtlingsstrom zu bewältigen, der von Krisenländern außerhalb Europas kommt.
Russland trachtet danach, seine Präsenz auf dem Balkan auszubauen und Störfaktor für den Westen zu sein. Auf Betreiben des serbischen Staatschefs Tomislav Nikolić hat Kremlchef Wladimir Putin im UNO-Sicherheitsrat soeben Russlands Veto gegen den britischen Antrag einlegen lassen, das Massaker von Srebrenica als Völkermord einzustufen.