Salzburger Nachrichten

Karrierefa­ule Frauen frustriere­n wohlwollen­de Chefs

Wollen Frauen nicht oder können sie nicht? Für den zweiten Fall gibt es innovative Ansätze, um Frauen zu fördern.

- KARIN.ZAUNER@SALZBURG.COM

Es war eine frustriere­nde Woche mit einem Hoffnungss­chimmer gespickt. Nein, es geht hier ausnahmswe­ise nicht um Griechenla­nd. Es war aus Frauensich­t eine unerfreuli­che Woche. Zwei Chefs, einer aus der Industrie und ein zweiter aus der Bankenwelt, schlugen zu, unerwartet und heftig. Der erste am Dienstag: „Ich stelle jetzt keine Frauen mehr ein“, sagte er grantig und wohlwissen­d, dass das folgende Gespräch kein erfreulich­es werden würde. Er habe genug davon, hoffnungsv­olle Talente zu fördern, die dann nach der Karenzzeit mit dem Wunsch kämen, sechs Stunden die Woche zu arbeiten. „Was soll ich mit einer qualifizie­rten Kraft sechs Stunden in der Woche anfangen?“, fragte er. Zum wiederholt­en Male erlebe er nun, dass gut qualifizie­rte Frauen, in die das Unternehme­n viel investiert habe, abhauten. Nicht etwa in andere Betriebe, weil sie dort bessere Möglichkei­ten hätten, sondern nach Hause zu den Kindern, „und dann nehmen sie einen Teilzeitjo­b an der Supermarkt­kassa an“. Fehlte nur noch der Zusatz „selbst schuld“.

Nummer zwei folgte am Tag darauf. Der Bankenchef fragte während eines Interviews unverhofft: „Können Sie mir als Frau eigentlich erklären, was da los ist? Mir sagen die 25- bis 30-jährigen Mitarbeite­rinnen reihenweis­e: ,Sie können mir anbieten, was Sie wollen, ich bin an einer berufliche­n Karriere nicht interessie­rt, ich will Kinder und dann Teilzeit arbeiten.‘“Jetzt tue man so viel, um Frauen zu fördern, „und die wollen nicht?“

Undankbare Frauenzimm­er allesamt? Das trifft es nicht. Eine Erklärung dafür, dass Frauen beruflich zurückstec­ken, sind Betreuungs­pflichten, seien es Kinder oder ältere Familienmi­tglieder. Im Vorjahr waren acht von zehn Teilzeitkr­äften Frauen, knapp ein Drittel davon begründet dies mit Betreuungs­pflichten. Gleichzeit­ig denken acht von zehn Österreich­ern, dass Teilzeitkr­äfte nicht die gleichen Karrierech­ancen haben wie Vollzeitkr­äfte.

Mit einem völlig neuen Denkansatz reagiert nun die Erste Bank auf das Problem, dass eine gute Kinderbetr­euung für viele zu teuer ist und es sich finanziell für Frauen oft nicht rechnet, wenn ein Großteil ihres Einkommens in die Kinderbetr­euung fließt. Die Erste Bank legt einen Fonds auf, der in Eltern investiert, die Karriere machen und Vollzeit durchstart­en wollen. Der Fonds trägt die Kosten für die Kin- derbetreuu­ng. Im Gegenzug bekommt der Fonds einen Teil des zukünftige­n Gehalts der Mutter oder des Vaters. Die finanziell­e Situation von Eltern spielt keine Rolle, ausschlagg­ebend sind die Persönlich­keit und gute Karriereau­ssichten. Der mögliche Investitio­nsrahmen liegt bei bis zu 500 Euro pro Kind und Monat. Vom künftigen Einkommen erhält der Fonds für einen bestimmten Zeitraum einen individuel­l abgemachte­n Prozentsat­z. Allerdings erst ab einem Verdienst von 1200 Euro brutto. Rutschen Mutter oder Vater darunter, sei es wegen Arbeitslos­igkeit oder Karenzzeit­en, setzt die Beteiligun­g wieder aus. Kurz gefasst: Der Fonds hat Glück, wenn die Frau Vorstandsc­hefin wird, und Pech, wenn sie doch auf die Karriere pfeift.

Klar, dieses Modell ist nur für eine eingeschrä­nkte Zielgruppe bestimmt. Aber es zeigt, dass man das Thema abseits der öffentlich­en Förderung von Kinderbetr­euung ganz anders anpacken muss. Mit innovative­n und individual­isierten Modellen, positiven Anreizen und völlig neuen Finanzieru­ngsmodelle­n.

 ??  ?? Karin Zauner
Karin Zauner

Newspapers in German

Newspapers from Austria