Salzburger Nachrichten

Ein paar Bilder bleiben vom ganzen Leben

Charlotte Salomon malte nicht viel, aber was blieb, ist beeindruck­end berührend.

- SN, APA „Charlotte Salomon. Leben? oder Theater?“. Rupertinum/Salzburg. Bis 18. Oktober.

In ihren Kunstwerke­n verarbeite­te Charlotte Salomon ihre Familienge­schichte und ihre Erfahrunge­n als jüdisches Mädchen in Berlin. Im Bilderzykl­us „Charlotte Salomon. Leben? oder Theater?“sind im Salzburger Rupertinum derzeit 278 Blätter ausgestell­t. Insgesamt gibt es 1325 Gouachen der ermordeten 26-jährigen Künstlerin, die das deutsch-jüdische Leben im Berlin der 1920er- und 1930er-Jahre dokumentie­ren.

Die Gouachen entstanden in nur eineinhalb Jahren zwischen 1940 und 1942 im französisc­hen Exil. Salomon, die sich dort nicht offiziell registrier­t hatte, übergab sie einem französisc­hen Arzt in Nizza mit den Worten: „Es ist mein ganzes Leben.“1943 heiratete sie den österreich­ischen Emigranten Alexander Nagler. Durch die Hochzeit wurde die jüdische Identität der beiden bekannt. Salomon wurde einige Monate später als Schwangere mit ihrem Ehemann deportiert und bei der Ankunft in Auschwitz ermordet. Vater und Stiefmutte­r hatten den Holocaust überlebt. Sie stifteten das Werk dem Jüdischen Historisch­en Museum in Amsterdam.

Die Bilderzykl­en – berührende und auch zeitgeschi­chtlich interessan­te – werden weltweit immer wieder gezeigt, zum ersten Mal im Jahr 1961. In Österreich war eine Auswahl 2007 in Innsbruck zu sehen. Die Ausstellun­g in Salzburg hat Beatrice von Bormann kuratiert. Die Auswahl hat das Museum in Amsterdam erstellt. „Der Bilderzykl­us verbindet Bild, Text und Musik. Die Zeichnunge­n sind in ihrer Inszenieru­ng narrativ. Salomon arbeitete mit Elementen des Theaters und des Films“, sagte Museumsche­fin Sabine Breitwiese­r bei einer Presseführ­ung.

Salomon nannte ihren Zyklus auch „Singspiel“, wie Kuratorin Bormann erläuterte. Vor allem im ersten Teil des Gouache-Zyklus ergänzte die Künstlerin über sogenannte Pausenblät­ter Text und Musiktitel zu den Bildern. Die von Salomon erwähnte Musik zu den jeweiligen Gouachen ist für die Besucher der Ausstellun­g in Salzburg über Kopfhörer auch zu hören. Die Spannbreit­e reicht von Johann Sebastian Bach bis hin zu den Comedian Harmonists. Die Künstlerin ließ Comiceleme­nte, Formen der Modern Art und des Expression­ismus in ihr Werk einfließen. Der angewandte Stil erinnert auch an ein Storyboard für einen Film. Das Werk von Salomon wurde im Auftrag der Salzburger Festspiele von Marc-André Dalbavie als Oper vertont und im Juli 2014 in Salzburg uraufgefüh­rt. Nun, ein Jahr später, will das Museum der Moderne auch mitmischen. Als Breitwiese­r von der Uraufführu­ng erfahren habe, sei es für eine Ausstellun­g im Vorjahr zu knapp geworden.

Ausstellun­g:

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BILD: SN/© STIFTUNG CHARLOTTE SALOMON Charlotte Salomon, später in Auschwitz ermordet, malte ihre Gouachen mitten aus dem Leben.

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