Eliza tobt sich in Bad Ischl aus
Das Lehár Festival startet mit dem Musical „My Fair Lady“in die neue Saison.
Der irische Dramatiker George Bernard Shaw hätte sich seine Eliza Doolittle vermutlich so ähnlich vorgestellt: ein quirliges Mädchen, ungestüm, wild auf einem Marktplatz mit derben Kraftausdrücken um sich werfend.
Genau so wirbelt die Blumenverkäuferin aus Shaws „Pygmalion“beim Lehár Festival in Bad Ischl über die Bühne. Dort steht seit Samstag Frederick Loewes „My Fair Lady“auf dem Spielplan – die vertonte Fassung von Shaws Komödie. Nur dass Eliza ihre Schimpfkanonaden dort nicht in einer Variante des Londoner Cockney-Dialekts artikuliert, sondern in Ischler Mundart – und so aus dem „Wouldn’t it be lovely“ein „Warat des net wundersche“wird.
Gewiss gibt es in der Inszenierung, für die Isabella Gregor verantwortlich zeichnet, etliche unterhaltsame Momente, etwa wenn Eliza mit einem lautstarken „Poahhh, Oida!“in das Wohnzimmer des Sprachprofessors Henry Higgins stürmt, der eine Wette darauf abgeschlossen hat, aus dem einfachen Mädel eine veritable englische Lady zu machen.
Dennoch: Ein Wagnis ist es allemal, die Darsteller just in einem Musical, das vom englischen Sprachwitz lebt, im heimischen Dialekt singen, schimpfen, streiten zu lassen. Manch sprachliche Feinheit geht bei diesem Dialekttransfer vom Britischen ins SalzburgischOberösterreichische verloren.
Warum Hauptdarstellerin Theresa Grabner ihre Vokale und Diphthonge auch noch so herausschleudert, als wäre sie keine Urischlerin, sondern ein abgefahrener Teen mit Migrationshintergrund, weiß niemand. Dass zugleich an der Wand der „Drunken Duck“-Kneipe für „fish & chips“und „Guinness“geworben wird und Elizas Vater in der Londoner Wimpole Street von einem „Fingahuat voll Glück“singt („With a little bit of luck“), passt auch nicht ins sprachliche Bild. Nicht genug, hängt auf der britischen Plakatwand auch noch ein Aushang zur Ischler Landesgarten- schau – so ist die Verwirrung im Kulissenmischmasch perfekt.
Glücklicherweise erfüllt das Ensemble alle Erwartungen.
Theresa Grabner ist eine ideale Eliza, stimmlich souverän, schauspielerisch hervorragend. An ihrer Seite geht Martin Berger voll auf in der Rolle des arroganten Zynikers Henry Higgins, der mittels Sprechdrill aus einer „kannibalischen Schlampe“eine „Königin“zu machen versucht. Ebenso überzeugend Gerhard Ernst als Trunkenbold Alfred Doolittle und Matthias Schuppli als verzopfter Oberst Pickering. Renate Holm gibt die gütige alte Mrs. Higgins und Florian Resetarits den heillos verliebten Freddy Eynsford-Hill.
Das Orchester ist unter László Gyükér gut aufgestellt, Chor und Ballett sorgen für Schwung auf der Bühne. Dazu schillernde Kostüme, opulente Ascot-Hüte – und zuletzt ein Happy End: Dafür dankte das Premierenpublikum mit reichlich Beifall.
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