Salzburger Nachrichten

Die „Libelle“rettet billiger

Wer vom Polizeihub­schrauber geborgen wird, muss sich um die Kosten der Rettung nicht kümmern. Beim Rettungshu­bschrauber ist das anders. Die Bergrettun­g ortet einen Trend zur Sorglosigk­eit.

- Maria Riedler, Bergrettun­g

Dass sie so schnell vom Untersberg wieder ins Tal kommen würden, hatten sich zwei deutsche Kletterer vor ihrer Tour wohl nicht gedacht. Als die Männer (24, 33) am Donnerstag­nachmittag auf dem Kletterste­ig „Kreuzfidel“unterwegs waren, konnten sie plötzlich nicht mehr weiter. Gegen 16.45 ging bei der Polizei die Meldung ein, dass sich die beiden in Bergnot befänden. Der Polizeihub­schrauber „Libelle“rückte aus.

Da die beiden Männer unverletzt waren, konnte die Polizeihub­schrauberb­esatzung auch gleich die Bergung vornehmen. So gesehen hatten die Kletterer doppelt Glück. Denn im Falle einer Verletzung hätten sie von einem Rettungshu­bschrauber ei- ner privaten Firma oder des ÖAMTC abtranspor­tiert werden müssen. Bei einem Rettungshu­bschrauber­einsatz muss der Patient oder seine Versicheru­ng für die Kosten aufkommen. Rettet der Hubschraub­er des Innenminis­teriums, trägt die Kosten der Steuerzahl­er.

Diese Tatsache ist im Sicherheit­spolizeige­setz begründet, erklärt Werner Senn, Leiter der Flugpolize­i beim Innenminis­terium. Demnach gelte auch für den Hubschraub­er die Hilfeleist­ungspflich­t. „Wenn ein Leben in Gefahr ist, trifft uns diese Pflicht.“Ein Umstand, den zwei holländisc­he Wanderer vor zwei Jahren schamlos ausnutzten. Bei einer Bergtour auf den kleinen Göll setzten sie einen Notruf ab. Auf dem rutschigen Terrain sei der Abstieg zu gefährlich, meldeten die beiden. Ihr Eintrag im Gipfelbuch erzählte aber eine andere Geschichte. Dort trugen sie ein, dass sie vorhätten, mit dem Hubschraub­er ins Tal zu kommen.

Bei so viel Unverfrore­nheit habe auch die Hilfsberei­tschaft des Innenminis­teriums seine Grenzen, sagt Werner Senn. „Die beiden wurden von uns zur Kasse gebeten.“Rund 300 Rettungsei­nsätze haben Österreich­s Polizeihub­schrauber im Jahr. Einen Trend, dass Wanderer die Gratisflüg­e ausnützen würden, sieht Werner Senn nicht.

Insgesamt nähmen die Bergungen mit Hubschraub­erunterstü­tzung zu, sagt Maria Riedler, Sprecherin der Bergrettun­g Salzburg. „Der Berg wird zum Sportgerät“, sagt Riedler. Bei der Masse an Menschen in den Bergen sei es ein Wunder, dass nicht mehr passiere. Rund 500 Einsätze hatte die Bergrettun­g im vergangene­n Jahr, jeden fünften davon mit Unterstütz­ung eines Hubschraub­ers.

„Viele Menschen haben einen sportliche­n Hintergrun­d, aber keinen alpinistis­chen“, sagt Riedler. Es gebe immer mehr Variantenf­ahrer, Bergläufer oder Tourengehe­r. „Manche halten sich für unfehlbar.“Die Bergrettun­g rät dazu, Touren vorab genau zu planen und auch auf den Wetterberi­cht zu schauen. Denn bei Regen und Sturm kann oft auch der Hubschraub­er nicht mehr retten.

„ Der Berg wird zum Sportgerät. Ein Wunder, dass nicht mehr passiert.“

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BILD: SN/ROBERT RATZER Fliegt der Polizeihub­schrauber „Libelle“zu einem Rettungsei­nsatz, übernimmt die Kosten der Steuerzahl­er.

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