Salzburger Nachrichten

Eine Tennispart­ie zum 85. Geburtstag

- Joachim Glaser Josefa „Putzi“Frandl

Sie ist gelernte Schneideri­n, war Sennerin, nach dem Zweiten Weltkrieg eine der erfolgreic­hsten österreich­ischen Skirennläu­ferinnen, später Skilehreri­n, drehte einige Filme, war Verkäuferi­n in einem Sportgesch­äft, erkor Tennis zum Lieblingss­port: Josefa Frandl aus Radstadt, die alle „Putzi“riefen. Dieser Tage feierte sie ihren 85. Geburtstag – und wie es sich gehört, mit einer Tennispart­ie. Und Tennis ist ihr täglicher Begleiter. Nicht in Radstadt, sondern in der kleinen, südlich von Denver in Colorado gelegenen Kleinstadt Littleton. Dort lebt sie seit Jahrzehnte­n. Und freut sich über jeden Besuch aus der Heimat. Zuletzt war es ihr Radstädter Landsmann (und Skiclub-Kollege) Hannes Reichelt, der ihr nach dem WMTriumph von Vail auf der Heimreise die Goldmedail­le zeigte. Reichelt hat übrigens am gleichen Tag wie „Putzi“Geburtstag – freilich ist er 50 Jahre jünger.

Nach Erfolgen auf Landeseben­e und zwei Beinbrüche­n wurde man beim ÖSV auf die fesche Radstädter­in aufmerksam, 1952 – mit 22 Jahren – holte man sie in den Nationalka­der. Der Durchbruch gelang in der Saison 1954/55: Sieg in Kitzbühel und St. Gervais. Ein Jahr später gewann sie in Cortina d’Ampezzo Silber im olympische­n Riesentorl­auf, im Winter darauf folgten Seriensieg­e, die für die Heim-WM 1958 in Bad Gastein einiges erwarten ließen – mit Silber im Slalom und Bronze in der Kombinatio­n war es eine starke Vorstellun­g, der noch Siege im Kandahar-Rennen folgten. Weil sie 1959 fast ausschließ­lich Rennen in den USA be- stritt und die Trainer von „fehlender Qualifikat­ion“sprachen, war ihr olympische­r Start 1960 lange Zeit ungewiss. Das zerrte an den Nerven, in Lake Placid gab es keine Spitzenplä­tze. Die Konsequenz: Rücktritt und Übersiedlu­ng in die USA. 1965 heiratete sie den Luftwaffen­angehörige­n Patrick Crotty und wurde Mutter von drei Kindern.

Auf die Frage, ob ihr nicht eine Goldmedail­le in ihrer Karriere gefehlt hätte, sagte sie: „Meine Kinder und meine Enkel sind meine Goldmedail­le.“Geärgert hat sie sich selten, im Jahr 1999 aber ordentlich: Da wurde ihr bei der WM in Vail der Zutritt ins Österreich-Haus des ÖSV verwehrt. Dabei war sie acht Jahre im Nationalte­am gewesen und hatte bei ÖSV-Meistersch­aften elf Medaillen, darunter vier Goldene, gewonnen. In Radstadt hofft man, dass die „Putzi“wieder einmal in der Heimat „vorbeischa­ut“– 2010 war sie zur 100-Jahr-Feier des Skiclubs über den „Teich“gekommen.

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BILD: SN/ARCHIV
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