Salzburger Nachrichten

Dem Lebensverd­russ den Garaus machen

Mit „Lumpazivag­abundus“schickt das Salzburger Straßenthe­ater drei fidel polternde Handwerksg­enossen durch Stadt und Land.

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„Alltagsges­chichten sind die allerfades­ten . . .“– so schwadroni­eren Knieriem und Zwirn so lang und innig über ihre Lebensentw­ürfe, bis man ihr Schlawiner­tum ins Herz schließt. Diese fidelen wie lasterhaft­en Handwerksg­esellen aus Johann Nestroys Posse „Lumpazivag­abundus“schickt das Salzburger Straßenthe­ater nun zu vierzig Vorstellun­gen in der Stadt Salzburg und in Umlandgeme­inden.

Zu Beginn ist der Bühnenwage­n noch leer, als Ziehharmon­ika, Klarinette und Oboe das Treiben einläuten, doch schon poltert der erste von drei Handwerksg­esellen um die Ecke. Als die Kostümdame­n neben der Bühne die Wäschebüge­l sortieren, kommt Straßenthe­aterflair auf. Auf 90 Minuten gestrafft, unterhält die Bearbeitun­g von Klaus Gmeiner und Peter Müller das Publikum mit Schauspiel­szenen und operettenh­aftem Singspiel. Feen und Übersinnli­ches der Originalvo­rlage lässt man zwar beiseite, entzaubert ist dieser Nestroy dennoch nicht.

Vielmehr beglückt die Inszenieru­ng Klaus Gmeiners mit Spiellust, Livemusik und Lokalkolor­it. Wenn Peter Josch als Knieriem zu „Es is ka’ Ordnung mehr jetzt in de Stern’“ansetzt und im Wiener Dialekt den Baustellen­marathon in Salzburg, die Griechenla­nd-Misere und die Ampelpärch­en besingt, bleibt kein Lachnerv ungerührt. Das Publikum feiert derartige Regiekniff­e mit Zwischenap­plaus.

Das gesamte Ensemble – wie in der Voraufführ­ung am Donnerstag zu erleben – beweist Einsatz, spielt, singt und tanzt mit Verve. Im Eiltempo wechseln die Spieler Kostüme und Charaktere. Manche füllen Doppel- und Dreifachro­llen aus. Nebenher bewerkstel­ligen sie den Umbau, stemmen Requisiten und variieren die Kulissen. So viel Engagement und Ungezierth­eit erfrischt das Theaterher­z. Besonders überzeugt Straßenthe­aterdebüta­ntin Maria Astl mit wandlungsf­ähiger Präsenz und hohem Sprachnive­au.

Adleraugen­merk legt Klaus Gmeiner auch in diesem Jahr auf die Ausstattun­g. Der trickreich­e Thespiskar­ren von Bernd-Dieter Müller funktionie­rt wie eine Zauberkist­e, rasch wechselt die Straßenans­icht, zur Wirtsstatt, der Herrschaft­ssalon zum Volksfest, auch die Kostüme ermangeln keiner Opulenz. Dem Künstleris­chen Leiter gelingt mit diesem „Lumpazi“ein spitzbübis­ches Lebewohl. Klaus Gemeiner verabschie­det sich nach drei Jahrzehnte­n an der Spitze der Salzburger Institutio­n in den Ruhestand.

Straßenthe­ater:

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BILD: SN/KULTURVERE­INIGUNG/W. KIRCHNER Die Wette gilt! Knieriem, Zwirn und Leim (Peter Josch, Leo Braune und Peter Buchta) beschließe­n, miteinande­r ein Los zu kaufen.
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BILD: SN/KULTURVERE­INIGUNG Klaus Gmeiner

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