Kinder nach Ägypten entführt
2009 hatte ein gebürtiger Ägypter zwei seiner Kinder von Wien in sein Geburtsland verschleppt. Erst 2012 konnten sie wieder zur Mutter gebracht werden. Am Freitag stand der Mann vor Gericht.
Es war im Oktober 2009, als der Angeklagte seine damals achtjährige Tochter und ihren siebenjährigen Bruder in Wien-Meidling auf dem Schulweg abgepasst und in seine Heimat entführt hatte.
Am Freitag, fast sechs Jahre nach der Tat, musste sich der 40-jährige, aus Ägypten stammende Vater nun am Wiener Landesgericht vor Richterin Stephanie Öner verantworten. Ihm wurde neben Kindesentziehung auch gefährliche Drohung zulasten der Ex-Frau und Kindesmutter vorgeworfen. Laut Anklage soll er die beiden Kinder in Ägypten auch misshandelt haben.
Fast drei Jahre waren der Bub und das Mädchen nach ihrer Verschleppung in Ägypten – erst dann konnten sie zurück nach Österreich gebracht werden. Als schließlich der nun angeklagte Vater vor drei Monaten einreiste, wurde er verhaftet.
Vor der Strafrichterin gab der Angeklagte zu, den Buben und das Mädchen damals mitgenommen zu haben. Dies sei auch „ein Fehler“gewesen, aber er habe keinen anderen Ausweg gesehen, sagte der Vater. Nach der Scheidung im Jahr 2007, so rechtfertigte er sich, habe ihm seine Ex-Frau das Besuchsrecht verweigert, weshalb er über Ungarn nach Ägypten geflogen sei. Von Gewalttätigkeiten gegen seine Frau oder die Kinder wollte er aber nichts wissen. Diese hätten höchstens einmal einen „Klaps“bekommen.
Besonders getroffen hatte den 40-Jährigen, dass seine aus Polen stammende Frau, die er islamisch geheiratet hatte, seinen insgesamt drei Kindern ihren Mädchennamen gegeben habe und samt diesen zurück zum Katholizismus konvertiert sei. In Ägypten hätten sich der Bub und das Mädchen dann schnell eingelebt und neue Freunde gefunden. Von dieser angeblichen Idylle hatte seine gleichaltrige (Ex-)Gattin, die während der Scheidung im Frauenhaus Unterschlupf gefunden hatte, eigenen Angaben nach aber nichts mitbekommen: „Beim ersten Telefonat nach fünf Monaten haben die Kinder nur geheult.“Sie hätte mit der jüngsten, bei ihr verbliebenen Tochter nachreisen sollen, wovon ihr von den österreichischen Behörden dringend abgeraten wurde. Doch sie habe gewusst: „Ich werde diese Kinder retten, meine Liebe ist unendlich“, sagte die Frau in ihrer kontradiktorischen (= schonen- den, auf Video Einvernahme.
In den fast drei Jahren, in denen die Kinder in Ägypten festgehalten wurden, besuchte sie diese mehrmals. Sie dann immer wieder zurückzulassen sei unbeschreiblich schwer gewesen – „Mama, nimm
aufgezeichneten) uns mit.“Man verhandelte auch über eine „freiwillige“Rückführung der Kinder, auch unter Beiziehung der Botschaft, da es dem 40-Jährigen während der Wirren des „arabischen Frühlings“angeblich darum ging, einen österreichischen Pass zu bekommen. Doch schließlich habe sie erkannt, dass es ihrem Ex-Mann nur um die Angst gehe, seine Macht und Kontrolle zu verlieren. „Es gibt keinen anderen Weg als die Flucht.“
Im Juli 2012 kamen die Kinder durch Behördenhilfe wieder nach Wien. Dorthin folgte ihnen der 40-Jährige im April dieses Jahres und wurde verhaftet.
Richterin Stephanie Öner vertagte den Prozess auf 27. August. Sie will vor einem Urteil noch zwei nicht erschienene Zeugen hören sowie die beiden Kinder kontradiktorisch zu den angeblichen Misshandlungen durch ihren Vater in Ägypten befragen. Für eine Enthaftung des Mannes sah Öner „keinen Grund“.
„Ich werde diese Kinder retten. Meine Liebe ist unendlich.“