Gastronomie ist Standortfaktor
Erst ein passendes Gastronomieangebot l ässt ein Einkaufszentrum erfolgreich werden. Immobilienexperten müssen darüber hinaus Faktoren wie Standort und Kundenwünsche unter einen Hut bringen.
Mitten in der Diskussion über Handelsflächen in Salzburg zeigt eine internationale Studie, was eigentlich die Kunden wollen und wie sie sich ein attraktives Einkaufszentrum in Zukunft vorstellen. Ein ganz wichtige Rolle spielt demnach die Gastronomie, denn Shopping-Center in der Region EMEA (Europa, Mittlerer Osten und Afrika) sind für Konsumenten die bevorzugten Orte, um zu essen und zu trinken. Dies ist ein Ergebnis des Reports „Food and Beverage in Shopping Centers“der weltweit tätigen Immobilienfirma CBRE. Von den insgesamt 22.000 befragten Personen in ganz Europa gaben 41 Prozent an, Shopping-Center (SC) in erster Linie zum Essen und Trinken aufzusuchen. 30 Prozent kommen ausschließlich zum Essen und Trinken in Einkaufszentren. Vier von zehn befragten Personen gehen im Anschluss an ihr Essen allerdings doch auch auf Einkaufstour, obwohl sie ursprünglich nur an der Gastronomie interessiert waren. „Dies zeigt, dass es eine beachtliche Synergie zwischen Gastronomie und Einkaufen in Shopping-Centern gibt. Adäquate Gastronomie hilft, die Aufenthaltsdauer und den Durchschnittsumsatz pro Besucher zu erhöhen“, sagt Walter Wölfler, Head of Retail bei CBRE Österreich.
Für den Immobilienexperten bedeutet das: „Ein vielfältiges gastronomisches Angebot in Verbindung mit einem ansprechenden Ambiente hat eine große Bedeutung bekommen.“Eigentümer und Betreiber müssten moderne Konzepte mit hoher Aufenthaltsqualität zu entwickeln, um den gestiegenen Anforderungen der Konsumenten gerecht zu werden. Allerdings vermissen aktuell noch 43 Prozent der Kunden gute Restaurants und 45 Prozent das Angebot an gesunder Ernährung in den SC.
Bei diesjährigen „Shopping Center Forum“in Barcelona befragte CBRE auch Eigentümer und Betreiber. „Heute hat der Bereich Food & Beverage in den Einkaufszen- tren einen Anteil von fünf bis zehn Prozent am Gesamtumsatz“, betont Wölfler. 40 Prozent der Immobilienexperten erwarten künftig aber einen Anstieg auf zehn bis 15 Prozent, also etwa ein Verdoppelung. Bleibt die Frage, welche Form von Gastronomie bei den Kunden gefragt ist? Je 47 Prozent wollen Fast Food oder Restaurants, 34 Prozent individuelle Restaurants, also abseits der großen Ketten. 30 Prozent wollen Cafés und 26 Prozent Eisdielen.
Für Immobilienplaner besonders von Bedeutung ist dabei die Frage der Platzierung und Präsentation dieser Angebote. Wölfler: „Derzeit ist das gastronomische Angebot meist auf Fast Food in sogenannten Food Courts konzentriert. Dazu kommen ein paar verstreute Cafés.“Künftig wird sich das
Walter Wölfler, CBRE wohl auf die gesamte Fläche verteilen, geht es nach den Kunden. Denn mehr als 50 Prozent wollen lieber kleine „Cluster“über das gesamte Verkaufsareal verstreut.
Darauf gehen laut Wölfler international die Anbieter bereits ein. Er nennt in diesem Zusammenhang Westfield Stratford in London wo es eigene Zonen mit Fast Food für Jugendliche gibt, aber auch Bereiche für Familien mit Kindern sowie einen Frischemarkt mit Essmöglichkeit. „Das liegt besonders im Trend, gerade das Thema gesunde Ernährung gewinnt bei den Besuchern einen immer größer werdenden Stellenwert“, betont der Experte.
Grundsätzlich bleiben mehr als 50 Prozent der Kunden länger im SC, wenn es auch etwas zu essen und trinken gibt. „Das erhöht den Umsatz pro Besucher, weil die meisten danach auch noch einkaufen ge- hen“, erklärt der CBRE-Fachmann. Das entspricht auch dem Trend zur künftigen Rolle von Einkaufszentren im Leben der Menschen. „Shopping-Center werden immer mehr zum sogenannten Third Place, also zum dritten Platz nach der Wohnung und dem Arbeitsplatz“, erzählt Wölfler. „Hier trifft man sich mit Freunden, surft im Internet, kauft ein und verpflegt sich auch.“
Richtig geplante Gastronomieangebote steigern den Umsatz. Kombination aus stationärem Handel und Interneteinkauf
Die reinen „Shopping-Maschinen“sind demnach ein Auslaufmodell. Denn wer gezielt etwas kauft, macht das dann meist im Internet. Gerade im Wettstreit mit dem Internet müssten sich Einkaufszentren immer mehr auf das soziale Erlebnis konzentrieren. Wölfler: „Hier können die Menschen die Dinge angreifen, werden beraten und können Kleidung oder Schuhe auch probieren.“Deshalb benötigten die Händler mehr Flächen, um die Ware professioneller präsentieren zu können. „Vor allem die Markenbetreiber setzen auf weniger Geschäfte, die dafür größer sind, eine höhere Präsenz zeigen und perfekt positioniert sind.“Die Händler müssten eine „Omni-Channel-Strategie“fahren und es dem Kunden ermöglichen, überall einfach einzukaufen. Es werde zunehmend zum Trend, Produkte online anzuschauen oder auch zu kaufen, sie aber dann im Geschäft abzuholen, dort zu probieren oder sich noch beraten zu lassen. „Click & collect“lautet diese Strategie im Fachenglisch. Wölfler: „Geschäft und Online-Shop befruchten sich.“Es habe sich gezeigt, dass an Orten, wo Geschäfte zugesperrt wurden, auch der Online-Umsatz zurückgegangen ist. ROBO (Research online, buy offline) sei ein wesentlich stärkerer Trend als umgekehrt, sich also im Geschäft beraten zu lassen und anschließend online zu kaufen.
Für ein Immobilienunternehmen wie CBRE sei das ebenfalls eine enorme Herausforderung, die schon bei der Standortauswahl beginnt. „Wir sind Dienstleister und helfen bei der Optimierung. Aber das geht nur, wenn wir wissen, wie die Player, also Eigentümer, Händler und Kunden ticken.“