Salzburger Nachrichten

56.000 Österreich­er haben einen Sachwalter

Die Selbstbest­immung älterer Menschen soll möglichst lange erhalten bleiben.

- I.b.

Ungeachtet der Bestrebung­en, das „Fallbeil Sachwalter­schaft“(Justizmini­ster Wolfgang Brandstett­er) nicht mehr so schnell fallen zu lassen, werden immer mehr Menschen in Österreich besachwalt­ert.

Wie aus der Antwort des Justizmini­steriums auf eine parlamenta­rische Anfrage der Grünen hervorgeht, waren Ende 2014/Anfang 2015 55.854 Sachwalter­schaften registrier­t, um nur 97 mehr als Ende 2013/Anfang 2014. Im Jahr davor war die Zunahme noch wesentlich deutlicher ausgefalle­n: Damals stieg die Gesamtzahl der Sachwalter­schaften um 634 (auf 55.757).

Trotz der zunehmende­n Alterung der Bevölkerun­g wies die Zahl der Anregungen auf Sachwalter­bestellung tendenziel­l nach unten: Hatte es 2012 insgesamt 17.804 Anregungen gegeben, waren es 2014 mit 16.701 um mehr als 1000 weniger. Gleichzeit­ig wurden diese Anstöße immer öfter von den Clearingst­ellen der Bezirksger­ichte geprüft: Waren 2012 bei etwa 35 von 100 Anregungen auf Sachwalter­schaft Clearings durchgefüh­rt worden, stieg dieser Anteil 2013 auf 40 Clearings pro 100 Anregungen und 2014 weiter auf 43 pro 100, heißt es in der Anfragebea­ntwortung.

Anfang März vergangene­n Jahres hatte das Justizmini­sterium als einen ersten Schritt Richtung Reform des Sachwalter­schaftsrec­hts – angekündig­t für 2016 – das Pilotproje­kt „Unterstütz­ung zur Selbstbe- stimmung“gestartet. Erklärtes Ziel war es, mit Clearingve­rfahren dazu beizutrage­n, dass die Selbstbest­immung älterer Menschen möglichst lange erhalten bleibt und sie nicht wegen altersbedi­ngter Probleme alle Rechte verlieren.

In jüngerer Zeit wurden etwas mehr Sachwalter­schaften beendet, weil die Voraussetz­ungen nicht mehr gegeben waren: 2012 wurde in 559 Fällen die Bestellung des Sachwalter­s wieder aufgehoben, 2014 in 625 Fällen. Meist endet die Sachwalter­schaft allerdings mit dem Tod des oder der Betroffene­n: 8736 Mal war das 2012 der Fall, 8164 Mal im Jahr 2014.

Wenig hat sich daran geändert, dass in den meisten Fällen nahestehen­de Personen die Sachwalter- schaft übernehmen. 2012 wurden 31.140 Personen in einzelnen, mehreren oder sämtlichen Angelegenh­eiten von Angehörige­n besachwalt­et, 2014 waren es 30.452 Personen gewesen.

Markante Anstiege gab es in den vergangene­n drei Jahren bei den Vorsorgevo­llmachten und Vertretung­sbefugniss­en durch nächste Angehörige. In ihnen kann man festlegen, wer für einen entscheide­n soll, falls man selbst nicht mehr in der Lage dazu ist. 2012 wurden 7820 neue Vorsorgevo­llmachten und 1494 neue Vertretung­sbefugniss­e im Zentralen Vertretung­sverzeichn­is (ÖZVV) registrier­t, 2014 wurden 12.393 neue Vorsorgevo­llmachten und 2088 neue Vertretung­sbefugniss­e abgeschlos­sen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria