Ich will Präsident werden!
Jeder dieser Herren möchte für die Republikaner bei der US-Präsidentschaftswahl in einem Jahr antreten. Zum Schrecken des Establishments liegt Donald Trump voran.
Das Gesicht des Generalsekretärs der Republikanischen Partei spricht Bände. Reince Priebus wirkt gequält, als er versucht, Reportern schönzureden, was sie auf der Bühne über gut zwei Stunden mitverfolgen konnten. Donald Trump hatte aus einer als Kandidatenforum der zehn stärksten Präsidentschaftsbewerber geplanten Debatte eine Reality-TV-Schau gemacht. Dünn an Substanz, dafür mit viel Spektakel – und einer klaren Erkenntnis: Dieser Geist lässt sich nicht so ohne Weiteres wieder in die Flasche stecken.
Das machte „The Donald“in Cleveland gleich zu Beginn klar, als er eine Bombe hochgehen ließ, deren Nachbeben noch am Tag danach zu spüren war. Fox-Moderator Bret Baier wollte den zehn Männern auf der Bühne den Schwur abnehmen, den Sieger bei den Vorwahlen zu unterstützen und nicht als unabhängiger Kandidat anzutreten. Ob jemand nicht dazu bereit sei, fragte Baier in die Runde. Schweigen. Dann geht eine Hand hoch. Der Spitzenreiter in den Umfragen will sich nicht festlegen. Baier hakt nach. „Experten sagen, eine unabhängige Kandidatur werde das Ren- nen zugunsten der Demokraten und damit vermutlich Hillary Clintons entscheiden.“Trump zeigt sich unbeeindruckt. „Wenn ich der Kandidat werde, werde ich mich natürlich unterstützen“, sagt er. „Aber einen weiteren Schwur kann ich nicht abgeben.“Früher hätte so viel fehlende Loyalität bei den obrigkeitshörigen Republikanern gereicht, den Selbstdarsteller verglühen zu lassen. Doch die Regeln gelten nicht mehr in einer Partei, die zu einem Sammelbecken der Wutbürger geworden ist. Oder wie der Gouverneur von Ohio und überraschende Punktsieger der Kandidatenrunde, John Kasich, freimütig einräumt: „Donald Trump trifft einen Nerv in diesem Land. Die Leute haben die Nase voll.“
Genau dieses Publikum bedient der Alleinunterhalter Trump, der in Cleveland mehr Redezeit für sich herausholt als der farblose John Ellis Bush und der an diesem Abend perplexe Rand Paul zusammen. Trump erhielt neben dem texanischen Heißsporn Ted Cruz den mit Abstand meisten Beifall. Und doppelt so viele Lacher wie jeder andere der zehn Kandidaten. Der Populist lässt die scharfen Fragen der Mode- ratoren an sich abprallen. Megyn Kelly hält ihm eine Litanei an frauenfeindlichen Sprüchen vor. Wenn ihr seine Äußerungen nicht gefielen, tue ihm dies wirklich leid, sagt er. Das große Problem der USA sei zu viel politische Korrektheit.
Moderator Chris Wallace hakt bei Trumps Mexikaner-Schelte nach. „Wäre ich zuständig, bräuchten wir nicht über illegale Einwanderung zu sprechen“, so nimmt der Kandi- Thomas Spang berichtet für die SN aus Amerika dat die Steilvorlage an, um sich dann über die ganze politische Klasse zu erheben. „Unsere Führer sind dumm. Unsere Politiker sind dumm.“An anderer Stelle hält er der versammelten Runde vor, käuflich zu sein. Amüsiert erzählt „The Donald“dann, wie er Hillary Clinton mittels einer Spende dazu genötigt habe, bei seiner jüngsten Hochzeit aufzutauchen.
Inhaltlich hat der blondierte Politclown nicht viel zu sagen. Da lieferten Chris Christie, Marco Rubio und Scott Walker solidere Beiträge. Vom langfristig als Spitzenreiter favorisierten Bush war in den zwei Stunden nicht viel zu sehen. Er wirkte zuweilen fahrig, oft verkopft und mehr wie ein Amtsinhaber, der seine Bilanz verteidigen muss, als ein hungriger Newcomer, der unbedingt ins Weiße Haus möchte.
John Kasich, der eher unbekannte Gouverneur des Wechselwählerstaats Ohio, nutzte die Debatte, sich als das zu profilieren, was Jeb Bush gern sein möchte: ein Kandidat der rechten Mitte, der Teile der Gesundheitsreform Präsident Barack Obamas verteidigt und locker dazu steht, bei der Hochzeit eines homosexuellen Freundes zugegen gewesen zu sein. „Nur weil er schwul ist, heißt das ja nicht, dass ich ihn nicht mag.“Auch dafür gab es Beifall.
Dem Republikaner-Generalsekretär Reince Priebus wäre Kasich so recht wie Bush oder Walker oder Rubio oder sonst wer. „Es wird schon alles gut gehen“, sagt er beschwörend, und es wirkt, als rede er sich selbst Mut zu. Denn nach diesem Abend ist klar, dass Trump ein Faktor bleibt, der sich bei den Vorwahlen bestimmt schlagen, aber niemals kontrollieren lässt.