Paris sucht Interessenten für zwei Kriegsschiffe
Frankreich und Russland lösten den Vertrag über die umstrittene Lieferung auf.
Eines der unrühmlichsten Kapitel der französischen Rüstungsexportpolitik der vergangenen Jahre ist abgeschlossen. Im Streit um die Lieferung zweier französischer Kriegsschiffe der MistralKlasse an Russland haben sich Paris und Moskau nach monatelangen Verhandlungen geeinigt. Paris wird die von Moskau geleistete Anzahlung für den auf 1,2 Milliarden Euro geschätzten Vertrag zurückerstatten. Im Gegenzug gesteht Moskau zu, dass Frankreich über die beiden Schiffe frei verfügen kann. In einem Telefongespräch hätten Frankreichs Staatschef François Hollande und der russische Präsident Wladimir Putin dieser im „Klima der freundschaftlichen und offenen Partnerschaft“getroffenen Eini- gung zugestimmt, hieß es in einer vom Elysée-Palast verbreiteten Erklärung. Zur selben Zeit teilte der Kreml in einem Kommuniqué mit, die Angelegenheit sei „vollständig geregelt“.
Das Rüstungsgeschäft mit Moskau war 2011 gegen Bedenken der NATO unter dem damaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy geschlossen worden. Es sah vor, dass die französische Werft DCNS/STX in Saint-Nazaire für den russischen Rüstungskonzern Rosoboronexport zwei Mistral-Schiffe baut, die als Hubschrauberträger und Kommandozentralen für küstennahe Operationen dienen. Das erste, die „Wladiwostok“, sollte Ende 2014 ausgeliefert werden, das zweite, die „Sewastopol“Ende 2016. Zwei weitere dieser hochmodernen Schiffe sollten in Lizenz in Russland gebaut werden. Neben Helikoptern können sie Landungsboote, Panzer, ein Lazarett sowie bis zu 700 Soldaten aufnehmen. Seit vergangenem Sommer wurden 400 russische Marinesoldaten in Saint-Nazaire für den Einsatz auf der „Wladiwostok“ trainiert. Nach der Verhängung der Sanktionen gegen Russland wegen der Annexion der Krim und des Kriegs in der Ostukraine hatte Präsident Hollande dann aber auf Druck der Partner Frankreichs die erste Auslieferung „bis auf Weiteres“gestoppt. Wie hoch die Summe ist, die Frankreich nach der Auflösung des Vertrags an Russland zurückzahlt, wurde weder in Paris noch in Moskau bekannt gegeben.
Nach unbestätigten Berichten hatte Frankreich 785 Millionen Euro angeboten, Russland jedoch 1,163 Milliarden einschließlich der Entschädigung für die Ausbildung der 400 russischen Soldaten und für den Bau von Infrastruktureinrichtungen im vorgesehenen russischen Heimathafen verlangt.
Der genaue Betrag, der „unter 1,2 Milliarden Euro“liege, werde demnächst dem Parlament mitgeteilt, das die Auflösung des Vertrags ratifizieren müsse, sagte der französische Verteidigungsminister JeanYves Le Drian. Im September werden russische Experten in SaintNazaire erwartet, die von Russland gelieferte Ausrüstungen für die Schiffe zurückholen sollen.
Es wäre das erste Mal gewesen, dass ein NATO-Land so großes und sensibles Kriegsgerät an Russland geliefert hätte.
Entsprechend besorgt hatten sich die NATO-Partner, insbesondere die baltischen Staaten sowie Washington, geäußert, als Paris kurz nach dem Angriff Russlands auf Georgien die Verhandlungen mit Moskau aufnahm und wenig später den Vertrag schloss. Um die Besorgnisse zu zerstreuen, hatte sich Präsident Sarkozy damals bemüht, die militärisch-strategische Bedeutung des Projekts herunterzuspielen.
Jetzt steht Paris vor der Frage, wem man die Schiffe verkaufen kann. Laut Verteidigungsminister hat „eine gewisse Zahl von Ländern“bereits Interesse an dem teuren Gerät angemeldet. Auf dem Spiel stehen tausend Arbeitsplätze und eins bis zwei Millionen Euro Unterhaltskosten pro Monat.