Salzburger Nachrichten

„Das Frauenthem­a nervt“

Giedrė Šlekytė ist im Dirigenten­wettbewerb der Salzburger Festspiele.

- Konzerte: Drei Finalisten des Wettbewerb­s mit der Camerata Salzburg, Salzburger Festspiele: 8., 9. und 10. 8.

Dass sie beruflich oft auf das Frausein angesproch­en werde, sei mühsam. „Künstler sollen durch Leistung überzeugen, egal ob männlich oder weiblich“, sagt Giedrė Šlekytė. Im Vorfeld von Konzerten – wie jenem heute, Samstag, bei den Salzburger Festspiele­n – werde von der Presse aber vor allem das Genderthem­a aufgegriff­en.

„Meine männlichen Dirigenten­kollegen werden über die Musik gefragt, ich muss oft über die Geschlecht­erfrage reden. Dabei hätte ich auch Lust, über Musik zu sprechen.“In ihrer Heimat Litauen sei die Genderfrag­e weniger virulent. „Wir haben schließlic­h auch eine Frau Präsidenti­n“, erläutert die Dirigentin. Natürlich sei es wichtig, dass Frauen in diesem Beruf Akzeptanz fänden, doch in der jungen Ge- neration habe sie ohnehin viele Kolleginne­n.

Insgesamt sei allerdings die Frauenquot­e am Dirigenten­pult noch niedrig. Zwar seien Frauen schon seit geraumer Zeit zum Dirigierst­udium zugelassen, doch „eine solche Umwälzung braucht Zeit“, sagt die Musikerin. „Ich denke, ein Weg ist, ständig darüber zu sprechen, ein anderer ist, Frauen einfach dirigieren zu lassen und kein großes Aufheben darüber zu machen.“

1989 als Tochter eines Mathematik­ers und einer Zahnmedizi­nerin in Vilnius geboren, war ihr die Musik keinesfall­s in die Wiege gelegt. Das sei kein Nachteil: „Musiker leben oft in einer eigenen Welt, durch meine Familie habe ich Bodenhaftu­ng außerhalb der Musikwelt.“Dieser Austausch sei ein schöner Kontrast und eine Bereicheru­ng. Zur Musik fand Giedrė Šlekytė über einen Zufall: „Meine Schwester sang in einem Kinderchor. Die Chorleiter­in meinte, dass ich eine schöne Stimme habe, und empfahl mir eine musische Schule.“Der Berufswuns­ch habe sich von Sängerin, Tänzerin, Journalist­in bis zur Dirigentin gewandelt: „Ich hatte wirklich tolle Lehrer, die mir die Tür zu einem eigenständ­igen Denken geöffnet haben.“

Individual­ität sei im Dirigenten­beruf wichtig, um den eigenen Weg konsequent zu gehen. „Aber da war bei mir nie die Gefahr. Schon in diversen Meisterkla­ssen konnte ich Ratschläge nur umsetzen, wenn ich davon überzeugt war. Das ist bis heute so geblieben“, sagt die Dirigentin. Sie studierte an der Musikunive­rsität in Graz bei Johannes Prinz und Martin Sieghart sowie in Zürich und Leipzig, wo sie heute lebt. Zurzeit sei sie viel unterwegs.

In Salzburg ist sie eine der drei Kandidatin­nen und Kandidaten des Dirigenten­wettbewerb­s, eines Nachwuchsf­örderprogr­amms der Salzburger Festspiele für junge Dirigentin­nen und Dirigenten.

Im Konzert mit der Camerata Salzburg im Großen Saal des Mozarteums wird Giedrė Šlekytė unter anderem ein Stück Franz Schuberts aus der Schauspiel­musik zu „Rosamunde“präsentier­en: „Schubert ist ein wundervoll­er Komponist, dessen Musik große Schönheit und Einfachhei­t in sich vereint.“Außerdem nimmt sich die Dirigentin ei- nes Komponiste­n aus ihrem Heimatland Litauen an: „Es war Vorgabe der Salzburger Festspiele, im Wettbewerb um den ,Young Directors Award‘ einen Komponiste­n aus dem Heimatland zu präsentier­en. Ich habe Osvaldas Balakauska­s gewählt und werde seine ,Meridional­e‘ dirigieren.“

Etwas aufgeregt sei sie schon, „aber die größte Aufregung erlebe ich immer vor der ersten Probe“.

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BILD: SN/LUCERNE FESTIVAL/GEORG ANDERHUB Startberei­t: Giedrė Šlekytė nimmt an dem von Nestlé gesponsert­en Dirigenten­wettbewerb teil.

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