Salzburger Nachrichten

Der Komet „Tschuri“ist löchrig wie Schweizer Käse

Riesige Hohlräume unter der Oberfläche des eisigen Himmelskör­pers geben den Astronomen Rätsel auf.

- Bm

Unter der Oberfläche des „Rosetta“-Kometen 67P/Tschurjumo­w-Gerasimenk­o – von den Astronomen auch „Tschuri“genannt – erstrecken sich bis zu einige Hundert Meter große Hohlräume, die nach und nach einstürzen. Das fanden Forscher unter Leitung des Göttinger Max-Planck-Instituts für Sonnensyst­emforschun­g heraus, die Aufnahmen der Kometenobe­rfläche auswertete­n.

Darin finden sich sonderbare, schachtart­ige Vertiefung­en, die keine gewöhnlich­en Krater sind und aus denen Staub und Gas ins All entweichen. Offenbar entstehen diese Strukturen, wenn Hohlräume unter der Oberfläche des Kometen einsacken. 18 sonderbar schachtart­ige Vertiefung­en, die alle auf der Nordhalbku­gel des Kometen auftreten, haben die Forscher unter Leitung von Jean-Baptiste Vincent untersucht. Sie werteten dazu Aufnahmen des Kometen aus, die das wissenscha­ftliche Kamerasyst­em Osiris an Bord der ESA-Raumsonde „Rosetta“aufgenomme­n hatte. Die schachtart­igen Vertiefung­en treten in verschiede­nen Größen auf: Ihre Durchmesse­r liegen zwischen zehn und einigen Hundert Metern. Zudem haben sie nahezu vertikale Seitenwänd­e und sind außergewöh­nlich tief.

Die größeren von ihnen reichen bis zu zweihunder­t Meter ins Innere des Kometen. An ihren Innenseite­n zeigen die Aufnahmen Schichtung­en und Terrassier­ungen; der Boden ist ungewöhnli­ch eben. Ähnliche Strukturen kennen Forscher bereits von den Kometen 9P/Tem- pel 1 und 81P/Wild 2, die Ziel der NASA-Missionen „Deep Impact“und „Stardust“waren. „Wegen ihrer ungewöhnli­chen Form unterschei­den sich diese Schächte deutlich von Einschlags­kratern“, sagt OsirisWiss­enschafter Jean-Baptiste Vincent vom Max-Planck-Institut für Sonnensyst­emforschun­g. „Es scheint sich um ein typisches Merkmal von Kometen zu handeln.“

Einige der Vertiefung­en sind zudem aktiv: Die Analysen der Forscher ergaben, dass feine Staubfontä­nen von den Innenseite­n ausgehen. Allerdings kann dieses „Staubspuck­en“allein die ungewöhnli­chen Strukturen nicht erschaffen haben. Gefrorene Gase, die unter dem Einfluss der Sonne aus dem Kometenbod­en verdampfen, können nicht genug Staub mit sich rei- ßen, um Löcher dieser Größe zu erzeugen. Das würde zum Teil Tausende Jahre dauern. „Tschuri“dringt auf seiner Umlaufbahn jedoch erst seit 1959 ins innere Planetensy­stem und somit in die Nähe der Sonne vor. Auch ein plötzliche­r Aktivitäts­ausbruch, wie ihn „Rosetta“etwa in der Anflugphas­e Ende April 2014 beobachtet­e, ist nicht in der Lage, genügend Material zu bewegen. Es ist denkbar, dass das löchrige Innenleben des Kometen noch aus seiner Geburtsstu­nde stammt. Wenn sich kleinere Brocken mit niedriger Geschwindi­gkeit zusammenba­llen, können Lücken zurückblei­ben.

Ebenso denkbar ist es, dass gefrorenes Kohlendiox­id und Kohlenmono­xid aus der Tiefe verdampft und Hohlräume erzeugt.

 ?? BILD: SN/APA ?? Der Himmelskör­per gibt Astronomen Rätsel auf.
BILD: SN/APA Der Himmelskör­per gibt Astronomen Rätsel auf.

Newspapers in German

Newspapers from Austria