Nissans neue Mitte
Der Pulsar greift in der Kompaktklasse an. Ob mit oder ohne Automatik: Der Marktführer Golf bekam noch einen Gegner von Format.
Dem Platzhirsch und seinen Herausforderern das Feld überlassen oder selbst eine Strategie entwickeln? Seit Jahrzehnten spielt der VW Golf in einer eigenen Liga der Kompaktklasse. Nissan sah dem Treiben eine Zeit lang tatenlos zu, aber seit Anfang dieses Jahres bereichert der Pulsar mit einer für den japanischen Konzern typischen Frontpartie das Straßenbild. Gebaut wird der Pulsar in Barcelona – eine klare Ansage an den europäischen Markt.
Nissan probiert den Angriff mit einem Mittelweg. Der Pulsar tritt weder als freche Golf-Kopie noch mit einem futuristischen Styling auf. Das Auto wirkt auffällig unauffällig, die Linie strahlt Ruhe und Gediegenheit aus. Die Botschaft kommt an: ein guter Kamerad für alle Tage.
Der Pulsar hält, was der erste Eindruck verspricht. Die smarte Kraft des 112-PSTurbobenziners passt zum optischen Auftritt. Wer hinter dem magischen Wort Turbo ein Liebäugeln mit dem Motorsport vermutet, liegt falsch. Die Aufladung der 1,2-Liter-Maschine dient weniger der Rasanz als der Erhöhung des Wirkungsgrads und damit dem sparsameren Umgang mit dem Treibstoff. Die Praxiswerte liegen im Schnitt zwischen sechs und sieben Litern, egal ob mit dem Sechsgangschaltgetriebe oder mit der X-tronic, der stufenlosen Automatik.
Schalten oder schalten lassen? Das ist beim Pulsar eine Frage der persönlichen Vorliebe. Eine Beschleunigung in unter zehn Sekunden auf 100 km/h ist bei beiden Getriebearten nicht drinnen. Aber das spielt in der heutigen Tempolimit-Zeit für viele Menschen ohnehin eine geringe Rolle bei der Entscheidung für den Autokauf. Bei den Werksangaben liegt die Handschaltung mit 10,7 Sekunden gegenüber 12,7 Sekunden mit X-tronic voran. In der Praxis gibt niemand mit der Stoppuhr an Bord Gas. Die Unterschiede bei den Ampelstarts sind also minimal.
Die Modellvariante mit X-tronic steigert vor allem die Bequemlichkeit. Die Bedenken wegen eines Aufjaulens des Motors bei der im Prinzip stufenlos arbeitenden Kraftübertragung (CVT) können zerstreut werden. Durch elektronische Feinarbeit wird ein Wechsel von Fahrstufen simuliert. Wer nicht weiß, dass CVT am Werk ist, würde eine konventionelle Schaltautomatik vermuten. Und die Grenzen des neutral ausgelegten Fahrwerks werden in keiner der beiden Varianten ausgelotet. Wer es schärfer liebt, greift zum Pulsar mit 1,6-Liter-Turbobenziner und 190 PS.
In der Ausstattungsline Teknar liefert Nissan dem Pulsar sogar einen Hauch von Premium mit. Das Leder ist sorgfältig verarbeitet und bei der Elektronik regiert der Zeitgeist. In das Navi- und Infotainment-System ist auch eine Video-360-Grad-Rundumsicht am Monitor integriert. Etwas zu viele Bedienelemente sind auf dem Lenkrad positioniert.
Wer die Außenmaße vergleicht, sieht, dass den Pulsar vom Golf ein Mehr von 13 Zentimetern unterscheidet. Wenn das in der Aufholjagd kein Glück bringt!