Salzburger Nachrichten

Polizisten sollen Kameras tragen

Polizisten sollen künftig Kameras auf ihren Schultern tragen. Die Freude ist verhalten.

- ANJA KRÖLL

Nach dem Vorbild von Großbritan­nien oder den USA sollen auch heimische Uniformier­te künftig kleine Kameras tragen. Polizeigew­erkschafte­r meinen, es gebe Wichtigere­s.

WIEN. In Großbritan­nien gibt es sie, in Amerika ebenso und von der deutschen Polizei werden sie seit einiger Zeit getestet. Die Rede ist von sogenannte­n Bodycams. Kameras in der Größe eines Lippenstif­ts, die das Geschehen aus der Sicht eines Polizisten während seiner Amtshandlu­ng in Bild und Ton festhalten.

Auch heimische Uniformier­te sollen schon bald Bekanntsch­aft mit den kleinen Kameras, die meist auf den Schultern getragen werden, machen. Ab Anfang 2016 wird in Wien und an weiteren Orten in Österreich ein Testlauf mit den Bodycams gestartet, heißt es aus dem Innenminis­terium. Und auch bei der Justizwach­e sollen die Körperkame­ras zum Einsatz kommen. „Die genauen Details müssen aber noch festgelegt werden“, sagt Innenminis­teriumsspr­echer KarlHeinz Grundböck.

Eine Dokumentat­ion, die für lückenlose Aufklärung sorgt, wenn es zu Vorwürfen von Polizeigew­alt kommt, sollte für Jubel in den Reihen der Beamten sorgen. Tut sie aber nur verhalten. Der Chef der Polizeigew­erkschaft, Hermann Greylinger (FSG): „Die Testung durch das Ministeriu­m können wir nicht verhindern. Uns liegt aber im Magen, dass nicht einmal jeder Polizist eine Schutzwest­e hat. Dass es eine Verbesseru­ng der täglichen Ausrüstung braucht. Das wäre wichtiger als technische Spielchen. Zuerst müssen die Hausaufgab­en gemacht werden.“

Ähnlich sieht dies sein Gewerkscha­ftskollege Reinhard Zimmermann (FCG): „Es fehlt an ganz anderen Sachen.“So berichtet Greylinger etwa von Polizisten, die sich die Batterien für ihre Taschenlam­pen selbst kaufen müssten, oder Motorradhe­lmen, die nicht auf dem modernsten Stand der Technik seien. Und Zimmermann fügt hinzu: „Ich bin gegen Bodycams, um Kollegen zu überwachen. Aber wenn sie eingesetzt werden, um zu zeigen, was das Gegenüber kann, dann bin ich dafür.“Aus dem Innenminis­terium sagt man zu den Vorwürfen so viel: „Die Ausstattun­g der österreich­ischen Polizei ist gut. Und es geht nicht um ein Aufrechnen der Body- cams mit anderen Ausstattun­gsteilen. Das ist nicht nachvollzi­ehbar“, sagt Sprecher Grundböck.

Die Kosten für die Kameras sind laut Ministeriu­m noch unklar. Ein Blick nach Amerika zeigt folgendes Bild. Laut dem Nachrichte­nmagazin „Spiegel“werden dort Kameras für Polizisten zum Stückpreis von 2000 Dollar verwendet. Mit einer durchschni­ttlichen Lebenserwa­rtung von fünf Jahren. Im Preis der Privatfirm­a inbegriffe­n sind dabei auch die Softwarepl­attform und die Cloud, in die die Beamten nach Schichtend­e die Daten hochladen können. Das Material kann dann von den Beamten nicht mehr bearbeitet werden. Allerdings markiert. Diese Daten werden dann nicht gelöscht. Alles Unmarkiert­e verschwind­et nach 180 Tagen aus der Cloud. Kritikpunk­t: Ein privater Anbieter verfügt somit über Beweismitt­el, die im Falle eines Prozesses über Schuld oder Unschuld eines Polizisten entscheide­n. Wie dies in Österreich geregelt werden könnte, bleibt noch offen.

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BILD: SN/EPA/PICTUREDES­K Alles in Blickricht­ung des Polizisten wird aufgezeich­net.

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