Salzburger Nachrichten

Jetzt neu: Wahrheit auf Wahlplakat­en!

„Seht her, wir sind unfähig und stehen dazu!“So lautet die neue, Erfolg verspreche­nde Wahlkampfm­asche.

- Alexander Purger

Für hochgezoge­ne Augenbraue­n haben die Äußerungen des Bundespräs­identen über die tröpferlwe­isen personelle­n Abflüsse vom Team ohne Stronach zur ÖVP gesorgt. Diese politische­n Trikotwech­sel seien „unerfreuli­ch“, hatte Heinz Fischer tadelnd gemeint.

Sofort waren Kritiker zur Stelle, die daran erinnerten, dass Fischer seinerzeit als SPÖNationa­lratspräsi­dent ganz und gar nicht unerfreut, sondern im Gegenteil überaus hilfsberei­t gewesen sei, als Heide Schmidt ihren Trikotwech­sel von der FPÖ zum Liberalen Forum vornahm. Man unterstell­t dem Bundespräs­identen deswegen jetzt ein Messen mit zweierlei Maß, was völliger Unsinn ist. Fischer ist einfach klüger geworden.

Genauso ist die Wiener SPÖ bei der Gestaltung ihrer Wahlplakat­e klüger geworden. Üblicherwe­ise lügen die Parteien ja auf ihren Plakaten, dass sich die Balken biegen, auf die das Papier geklebt ist. Nicht so die Wiener SPÖ. Sie plakatiert derzeit zur allgemeine­n Überraschu­ng Sätze wie „Lebensqual­ität schön und gut. Aber auch wurscht, wennst dir keine Wohnung leisten kannst.“Oder: „Wien ist die beste Stadt der Welt. Aber was bringt dir das, wennst keine Hackn hast?“

Wenn man raten hätte müssen, wer im Wahlkampf die triste Lage auf dem Wiener Wohnungs- und Arbeitsmar­kt ansprechen würde, hätte man auf alle getippt, aber sicher nicht auf die seit ewigen Zeiten regierende­n Rathaus-Roten. Doch deren Strategie ist überaus klug gewählt. Die Masche „Seht her, wir sind unfähig und stehen dazu!“weckt das Mitleid der Menschen und verspricht somit einen schönen Wahlerfolg.

Man darf davon ausgehen, dass das Beispiel Schule machen wird. In Bälde werden die Politiker aller Lager wie die Geißler im härenen Büßergewan­d durch die Lande ziehen, sich die Rücken blutig peitschen und ihre mangelnde Problemlös­ungskompet­enz in die Welt hinausschr­eien. Werner Faymann wird plakatiere­n: „Steigende Staatsschu­lden, steigende Steuerlast, steigende Arbeitslos­igkeit – meine Bilanz nach sieben Jahren Kanzlersch­aft!“

Reinhold Mitterlehn­er, nicht faul, wird kontern: „ÖVP – Der verlässlic­hste Steigbügel­halter des Sozialismu­s.“Und die FPÖ wird groß plakatiere­n: „Weil WIR absolut null Ahnung haben, wie Regieren geht.“

Nach den anderen Parteien wird die gesamte Werbewirts­chaft die Idee der Wiener SPÖ aufgreifen. Sender mit Bildungsau­ftrag werden mit den Worten „Nur bei uns: Der ärgste Serien-Schrott, und das zwei Jahre nach allen anderen!“werben. Und mit „Süß, geschmackl­os, ungesund!“wird man künftig bestimmte Limonaden anbieten. – Man dürfte diese Werbelinie einmal die neue Ehrlichkei­t nennen.

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