Salzburger Nachrichten

Registrier­kassen im Bordell?

Der Konkurs des Ex-Pascha-Chefs wegen 2,7 Mill. Euro Steuerschu­lden wirft die Frage auf, was die Branche ab 2016 macht: Muss jede Prostituie­rte ihre Registrier­kasse haben, jeder Freier einen Beleg?

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SALZBURG. Walter Friesacher (51), langjährig­er Geschäftsf­ührer der drei Pascha-Bordelle in Salzburg, Linz und Graz, musste vergangene­n Donnerstag, wie berichtet, Privatkonk­urs anmelden. Hintergrun­d sind 2,7 Millionen Euro an offenen Steuerschu­lden.

Als Grund für den Konkurs gab er an, dass die Finanz eine Usance aufgekündi­gt habe: Denn bisher haben die Bordellbet­reiber eine monatliche Pauschale von 300 bis 500 Euro pro Frau an Einkommens- und Umsatzsteu­er einkassier­t und ans Finanzamt weitergege­ben. Damit ist nun Schluss.

Dass die neue, schärfere Gang- art für die Branche ein Problem ist, zeigte sich schon Anfang Juni. Da sorgte das Pascha in Salzburg für Schlagzeil­en: Es lockte Freier mit einem Sommer Special an. Für sie gab es freien Eintritt, freie Getränke und freien Sex. Damit wollte der neue Betreiber gegen die hohen Steuern protestier­en. Der Chef der deutschen PaschaKett­e, Hermann Müller aus Köln, meinte: „Ich habe in zehn Jahren fast fünf Millionen Euro an Steuern und Abgaben allein in Salzburg geleistet.“Er wolle nicht länger „Zuhälter des Finanzamts sein“.

Noch größer dürfte das Problem der Rotlichtsz­ene mit der Finanz ab 1. Jänner 2016 werden: Dann gilt quer durch alle Branchen eine Registrier­kassenpfli­cht, sobald ein Unternehme­r mehr als 7500 Euro pro Monat an Barumsätze­n macht. Das gilt auch für Prostituie­rte, die selbststän­dig arbeiten, wie man im Finanzmini­sterium betont.

Richard Schweiger, Chef der Babylon-Bordelle in Wien, Salzburg und Klagenfurt, nennt die Ansicht der Finanz „surreal“. Er glaubt nicht, dass die Frauen Registrier­kassen anschaffen werden und „dass die Finanzpoli­zei ins Bordell geht und nachschaut, ob sie eine haben“. Auch Gerhard Winter, Betreiber des Vesuv Clubs in Salzburg, sagt: „Laut Finanz müsste der Kunde den Beleg noch 500 Meter vom Eingang entfernt mithaben. Da weiß die Frau zu Hause gleich, wo er war.“

Christine Nagl, eine Sozialarbe­iterin, die Dutzende Prostituie­rte in Salzburg betreut, führt noch ein anderes Gegenargum­ent ins Treffen: „Durch Vorgaben wie die Registrier­kassenpfli­cht drängt man die Frauen noch mehr in die Illegalitä­t – also auf den Straßenstr­ich und in die Wohnungspr­ostitution. Ich sehe die große Gefahr, dass es bald keine Möglichkei­t mehr gibt für die Frauen, legal in Lokalen zu arbeiten.“

Das Argument der Steuerhint­erziehung durch Luxus-Callgirls kontert Nagl mit ihrer Erfahrung

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