Salzburger Nachrichten

Was diese Woche geschah Bahnhöfe, Deutschlan­d und die Quote

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Die Bilder, die von Ungarn in dieser Woche um die Welt gingen, schockiert­en. Sie zeigten, wie der Ostbahnhof in Budapest völlig im Chaos versank. Die Polizei hatte am Montag plötzlich für Tausende Flüchtling­e den Bahnhof geöffnet. Die Menschen stürmten daraufhin die Züge in Richtung Österreich und vor allem Deutschlan­d. Am Dienstag räumte die Polizei schließlic­h den Bahnhof wieder. Bis zu 4000 Menschen harrten daraufhin vor dem Gebäude aus. Am Donnerstag die nächste Kehrtwende: Der Bahnhof wurde wieder geöffnet. Tausende stürmten die Züge, doch nach 40 Kilometern endete die Fahrt in der Nähe eines Auf- nahmelager­s. Unter tumultarti­gen Umständen wurden die Flüchtling­e von der Polizei mit Bussen in Camps gebracht. Am Freitag traten Hunderte Asylbewerb­er die Flucht aus den Lagern an. Nach EU-Vorgaben müssen Asylanträg­e in jenem Land gestellt werden, in dem Flüchtling­e als Erstes europäisch­en Boden betreten. Doch Italien und Griechenla­nd halten sich seit Monaten nicht an die sogenannte­n Dublin-Regeln und lassen Flüchtling­e undokument­iert nach Norden weiterreis­en.

Nun steht auch Deutschlan­d in der Kritik. Es setzte de facto das Dublin-Verfahren für syrische Flüchtling­e aus. Sie werden damit nicht in die Ankunftslä­nder in der EU zurückgesc­hickt. Das hatte der deutschen Regierung massive Kritik eingebrach­t. Budapest warf Berlin vor, bei den Flüchtling­en Hoffnungen zu wecken und eine Sogwirkung zu erzeugen. Ungarns Regierungs­chef Viktor Orbán sorgte mit dieser Aussage am Donnerstag in Brüssel für Aufsehen: „Das Problem ist nicht ein europäisch­es Problem, das Problem ist ein deutsches Problem.“ Die gerechte Verteilung von Asylbewerb­ern sorgte diese Woche weiter für Diskussion, unter anderem beim Besuch des ungarische­n Premiers Viktor Orbán in Brüssel. Ungarn zählt zu den Gegnern eines Verteilung­sschlüssel­s. EU-Parlaments­präsident Martin Schulz versuchte vergeblich, Orbán davon zu überzeugen, dass Ungarn von einer Quotenrege­lung profitiere­n würde. Auf die Verteilung von 40.000 Flüchtling­en hatten sich die EULänder bereits grundsätzl­ich geeinigt, der Schlüssel ist aber noch immer strittig. Die Kommission will außerdem deutlich mehr Flüchtling­e per Quote aufteilen. Genaueres zu diesen Plänen wird am Mittwoch von Jean-Claude Juncker in seiner „Rede zur Lage der Union“erwartet. EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk sprach am Donnerstag jedenfalls von mindestens 100.000 Flüchtling­en, die über einen Schlüssel in der EU verteilt werden sollten.

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