Salzburger Nachrichten

Rundfunkge­bühr als Steuervers­teck

Das Verbergen von Landesabga­ben hinter dem vermeintli­chen ORF-Entgelt ist demokratie­politisch ein Fehler.

- Ist Politikana­lyst und Medienbera­ter mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.

Niederöste­rreich erhöht eine Landesabga­be. Das wäre für andere Regionen ohne Belang, würde in St. Pölten nicht ein bundesweit­es Zeichen gesetzt. Denn dieser in der Rundfunkge­bühr gut versteckte Obolus spült künftig pro Jahr mindestens fünf Millionen Euro zusätzlich in die blau-gelbe Schatzkass­e. Niko Alm von den Neos hat dies ebenso kritisch aufgezeigt, wie Stefan Kappacher von Ö1 in seinem Radioblog darauf hinweist. Offenbar verhindert ein unergründl­ich umfassende­r austrophil­er Nichtangri­ffspakt das vielstimmi­gere Aufheulen von Politik und Medien.

80 Cent pro Monat sind keine Preissteig­erung, die uns aufregt. Zumal Wiener und Kärntner schon länger so viel (5,10 Euro) berappen – und die Steirer sogar mehr (5,40 Euro). Etwas schwierige­r wird es, den Bewohnern dieser Bundesländ­er zu erklären, warum sie pro Jahr eine jeweils über 60 Euro höhere Rundfunkge­bühr zahlen müssen als jemand, der in Oberösterr­eich oder Vorarlberg lebt. Dort verbirgt das Land keine eigene Steuer unter dem Deckmantel öffentlich­er Rundfunkfi­nanzierung. Apropos: Allein mit der Erhöhung in Niederöste­rreich ließe sich locker die halbe Bundespres­seförderun­g begleichen.

Diese geschickte Auffettung eines Landesbudg­ets rechtferti­gt also unter dem Blickwinke­l der föderalen Konkurrenz durchaus manchen Neid. Aus Perspektiv­e des Medienwett­bewerbs sind diese niederen Gefühle aber nur insgesamt legitim. Der Staat subvention­iert den öffentlich-rechtliche­n Rundfunk ganz offiziell zumindest sechs Mal stärker als die Zeitungen. Doch die wundersame Abgabenerh­öhung in St. Pölten bringt dem ORF nichts. Von den dort fast 25 Euro Rundfunkge­bühr pro Monat bekommt er weiterhin nur knapp 16 Euro. Wie sieben Länder holt sich auch der Bund noch einen Teil. Das Ganze dient dann vornehmlic­h der Kultur- und Sportförde­rung.

Diese Zweckwidmu­ngen sind der Grund, warum die Willkür der Landesabga­ben nicht öfter am Pranger steht. Denn sie werden letztlich zum großen Teil für gemeinhin als wichtig empfundene Anliegen verwendet – so wie es auch ein nationaler Rundfunk à la ORF ist und es die Presseviel­falt zumindest sein sollte. Die Intranspar­enz und Heimlichtu­erei, wenn nicht gar ein Etikettens­chwindel bei der öffentlich­en Finanzieru­ng, erschweren die gesellscha­ftliche Übereinkun­ft darüber, welche Einrichtun­gen unser Gemeinwese­n existenzie­ll benötigt. Ungeachtet aller Entwicklun­gen durch das Internet gehören dazu noch Presse, Radio und Fernsehen. Deshalb ist die Neustruktu­rierung aller Medienförd­erung in Österreich nicht nur aufgrund des technische­n Fortschrit­ts wichtig. Sie ist eine demokratie­politische Notwendigk­eit.

Peter Plaikner

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