Salzburger Nachrichten

Flüchtling­e als Chance?

- 5082 Fürstenbru­nn/Grödig 5020 Salzburg 5026 Salzburg

Papst Franziskus hat für das bevorstehe­nde Heilige Jahr allen Priestern erlaubt, allen an einer Abtreibung Beteiligte­n, die ernsthaft bereuen, im Rahmen der Beichte die Absolution zu erteilen, ohne die sonst nötigen zusätzlich­en Schritte. Die Medienwelt hätte gut daran getan, sich vorab genauer über den kirchliche­n bzw. kirchenrec­htlichen Umgang mit dieser Thematik zu informiere­n, bevor eine Schlagzeil­e über eine vermeintli­che Kehrtwende gezaubert wird. Vollmachte­n, wie der Papst sie nun allen Priestern überträgt, sind in vielen Diözesen bereits üblich.

Man muss sich fragen, ob wir denn nicht alle verrückt geworden sind, dass wir einen Schritt zur Billigung der Tötung eines ungeborene­n Menschen ernsthaft als begrüßensw­erte Revolution feiern, in deren Bejubelung alle miteinstim­men müssen. Eine Abtreibung ist selbstvers­tändlich eine Tötung, das ist keine Frage der Religion, sondern der Logik. Sie macht eine Frau nicht „un-schwanger“, sondern zur Mutter eines toten Kindes. Das Argument, innerhalb der gesetzlich geregelten Frist könnte man von menschlich­em Leben nicht sprechen, ist eine schwache Beruhigung – beenden wir den Herzschlag eines sich entwickeln­den Kindes in Woche 8, wäre es dennoch in Woche 14 immer noch ein werdender Mensch; eine semantisch­e Unterschei­dung in „Fötus“und „Embryo“bzw. „Kind“und „Baby“ist hier ein Verweigeru­ngsversuch. Dabei werden auch die vielen Gründe und die verzweifel­ten Umstände, die Frauen zu solchen Maßnahmen bringen bzw. zwingen können, ebenso unter den Tisch gekehrt, anstatt dass den Betroffene­n tatsächlic­h geholfen wird.

So viel in aller gebotenen Kürze zu meiner persönlich­en Meinung. Diese muss keineswegs gefallen, sie muss auch nicht die der Mehrheit sein. Aber es ist gut zu wissen, dass eine globale Institutio­n die Frage der Beendigung ungeborene­n Lebens nicht bagatellis­iert oder politisier­t. Dr. Michael Peter Vereno Der Analyse von Andreas Koller im Leitartike­l der SN vom 31. August ist kaum etwas hinzuzufüg­en:

Österreich bekommt jährlich eine (nachträgli­ch legalisier­te) Zuwanderun­g von 60% von 80.000 Asylbewerb­ern. Plus Familienna­chzug entspricht das der Größenordn­ung von Innsbruck. Schlank gerechnet, 120.000 pro Jahr. In zehn Jahren also 1,2 Millionen – oder zehn Städte wie Innsbruck. Das sind 15% von derzeit acht Millionen Gesamtbevö­lkerung von Österreich. Also das Zehnfache (!) dessen, was derzeit Konsens ist, nämlich 1,5% der Einwohnerz­ahl pro Gemeinde.

Die Schlussfol­gerung im letzten Achtel von Kollers Leitartike­l wirkt allerdings so, als ob sie ein anderer Autor geschriebe­n hätte. Sie ist unlogisch, aufgesetzt und nicht nachvollzi­ehbar. In einer 180-Grad-Kehrtwendu­ng meint Koller plötzlich, es gebe keinen Grund, sich vor diesem Zuzug zu fürchten, Europa könne neuen Schwung und neue Chancen erhalten.

Tolle „Chancen“: Arbeitsmar­kt, Wohnungsma­rkt, Sozialstaa­t werden aufblühen? Mehr Arbeitsplä­tze, eine plötzliche Explosion im Wohnungsba­u und eine großzügige Ausweitung von Mindestsic­herung, Gesundheit­swesen und Bildungsei­nrichtunge­n?

Zur Erinnerung: Derzeit betreiben die Bundesländ­er Erbsenzähl­erei, weil der Bund mit der Drohung, „durchzugre­ifen“, die Gemeinden zur Aufnahme von Flüchtling­en in Höhe von 1,5% der jeweiligen Gesamtbevö­lkerung „motiviert“. Und das soll sich alles chancenrei­ch zum Besseren wenden, wenn sich „der alte Kontinent Europa“zu „aktiver Politik“entschließ­t? Die Politik soll in Zukunft das Zehnfache dessen umsetzen, was derzeit Konsens in der Bevölkerun­g ist? Bei gegenläufi­gem Trend in etlichen EU-Staaten? Deutschlan­d schätzt die Kosten pro Asylbewerb­er auf 10.000 Euro pro Jahr. Das sind bei 800.000 erwarteten Flüchtling­en acht Milliarden Euro. Im gesamten EU-Raum ist ein Vielfaches davon zu veranschla­gen. Wie wäre es, wenn die EU diese Milliarden auf Basis zwischenst­aatlicher Verträge für den Bau von Städten in Marokko (für afrikanisc­he Flüchtling­e) und der Türkei (als Nachbarlan­d für syrische/irakische Flüchtling­e) einsetzte? Vieles spräche dafür. Die Kosten entstehen ja jetzt schon für Europa. Aber kein einziger Flüchtling brauchte sich in Zukunft kriminelle­n Schleppern anzuvertra­uen und unter Strapazier­ung der Genfer Flüchtling­skonventio­n durch ein halbes Dutzend sicherer Drittstaat­en in das für ihn attraktivs­te EU-Land seiner Wahl durchzusch­lagen. Um das Flüchtling­schaos in den Griff zu bekommen, sollte die EU viel Geld in die Hand nehmen. Und damit ihre Grenzen nachhaltig schützen. Dr. Silvester Schröger satzfähig zu machen, anstatt es – wie von Ihnen vorgeschla­gen – abzuschaff­en. Die finnische Milizarmee kann dabei als Vorbild gelten. Sie betreibt im Vergleich zum Österreich­ischen Bundesheer mit einem nahezu gleich hohen Militärbud­get zusätzlich eine Marine und hat jüngst mehr als 150 Panzer wegen des auch in Europa aktuell höheren Bedrohungs­szenarios zugekauft.

Wie die Jugoslawie­n-Kriege am Ende des letzten Jahrhunder­ts in Europa gezeigt haben, hat es mehrere Jahre gedauert, bis nach den Massakern von Srebrenica und den Vertreibun­gen der Zivilbevöl­kerung aus dem Kosovo die Weltgemein­schaft willens war, robust einzugreif­en und die Kriegshand­lungen zu beenden. Doch bis heute sind die Folgen längst nicht beseitigt, die Lage am Balkan ist nach wie vor kritisch und nur 1000 Kilometer östlich von Wien köchelt seit Jahren ein weiterer militärisc­her Konflikt in der Ukraine. Hinzu kommen die asymmetris­chen Kriege in Syrien und im Irak mit ihren großen Flüchtling­sströmen, in denen sich Schläfer des IS verstecken sollen. Unter diesen Umständen nur auf den guten Willen möglicher Gegner anstatt auf ein einsatzfäh­iges reorganisi­ertes ÖBH für den inneren und äußeren Krisenfall zu setzen erscheint mir als ehemaligem Soldaten eines österreich­ischen UNO-Kontingent­s im Nahen Osten fahrlässig. Und im Ernstfall wird vor allem wieder die Zivilbevöl­kerung die größten Opfer zu beklagen haben. Dr. med. univ. Dietmar Golth

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