Boxenstopp für
Beim „Tag der Physiotherapie“gibt es heuer erstmals einen kostenlosen Gesundheits-Check. Ein SN-Redakteur kam schon vorab in den Genuss.
Martina Switil lässt nicht locker: „Normalerweise sollte sich das jetzt bis zu 90 Grad heben lassen“, sagt sie – lässt das gestreckte, angehobene Bein aber schließlich doch sinken, bevor das Ziehen im Unterschenkel zum Schmerz wird. Auch mit der Dreh-Fähigkeit meines Kopfes ist sie nicht restlos zufrieden: „Da sind Sie links schwächer als rechts“, sagt sie – und verteilt statt eines lachenden Smileys auf dem Auswertungsprotokoll nur ein neutrales.
Aber eigentlich ist es ja ein Privileg, den kostenlosen Muskelund Gelenksfunktionstest, den Switil und ihre Berufskollegen beim erstmals abgehaltenen „Tag der Physiotherapie“anbieten, schon vorab testen zu dürfen. Also geht es weiter im Programm.
Als Nächstes auf Switils Liste steht der Rumpf. Besonders zu schaffen macht dem SN-Redakteur da eine Übung in Seitenlage: Switil legt sich auf die Knie ihres „Opfers“und hält sie fest. „Und nun halten Sie Ihre Arme überkreuzt vor der Brust und heben Sie Ihren Oberkörper.“Was leicht aussieht, lässt den „Patienten“schon Sekunden später seine fehlenden Muskeln spüren: „Sie müssen Ihren Quadratus trainieren“, sagt Switil lachend – und zeigt auf jene Muskelpartie an der Außenseite des Bauches, von deren Existenz wohl nicht nur die Testperson jetzt zum ersten Mal erfahren hat.
Gott sei Dank kommen wir irgendwann auch zur Armmuskulatur: Die Liegestütze sind kein Problem, auch bei anderen Übungen liegt der Proband „deutlich über dem Durchschnitt“, wie die 49-jährige Phy- siotherapeutin lobend erwähnt. Denn im Laufe des 15-minütigen Tests werden auch noch Kopf, Brust- und Lendenwirbelsäule, Hüften und Knie gecheckt.
Switils Bilanz: „Die hintere Beinmuskulatur ist sowohl bei Ober- wie auch Unterschenkeln verkürzt. Da müssen Sie ein tägliches Dehnungsprogramm machen.“Auch die Außenrotation der rechten Hüfte solle man sich anschauen. „Aber insgesamt haben Sie gut abgeschnitten.“Das beruhigt.
Damit der Getestete von der Anstrengung etwas hat, zeigt Switil ein paar Übungen vor, die helfen, die genannten Schwächen zu beheben – „damit Sie gesund ins Alter gehen“. Das motiviert den 38-Jährigen.
Im Gespräch danach betont die drahtige Expertin die präventive Wirkung von Physiotherapie: „Ich habe durch meine Therapien schon einigen Leuten Operationen erspart – und damit dem Gesundheitssystem viel Geld.“
Ziel des Aktionstages sei, die Berufsgruppe bekannter zu machen. Das sagt Switil auch als Funktionärin ihres Berufsverbandes. Dafür, dass die Gebietskrankenkasse in den letzten Jahren bei der Bezahlung von Physiotherapie zunehmend spart, hat sie kein Verständnis: „Der Beitrag der Kasse ist deutlich zu niedrig, um auch einkommensschwachen Menschen Physiotherapie zu ermöglichen. Da gibt es eine Zwei-Klassen-Medizin.“Denn auf einen Platz beim Kassentherapeuten müsse man bis zu zwei Monate warten. Bei Wahltherapeuten komme man viel schneller dran – diese seien aber mit durchschnittlich 60 bis 80 Euro pro Stunde teurer. Switil hat einen Vergleich parat: „Eine Stunde beim Mechaniker ist sicher nicht billiger. Und dem Auto gönnt fast jeder einen Boxenstopp zum Service. Das sollte man für seinen Körper auch tun.“