Salzburger Nachrichten

Bessere Rehabilita­tion nach Schlaganfa­ll

In der Neuro-Rehabilita­tion wurde die Wirksamkei­t von Gehirnstim­ulation und Bewegungst­herapien untermauer­t. Daher kommen jetzt teils schon länger bekannte Behandlung­smethoden wieder zu neuen Ehren.

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Gehirnstim­ulation und Bewegungst­herapien erfahren bei der Rehabilita­tion nach Schlaganfa­ll oder Herzinfark­t eine Renaissanc­e. Studien haben die Wirksamkei­t teils längst bekannter Methoden bestätigt.

Über Fortschrit­te in der Neuro-Rehabilita­tion sprachen die SN mit Hermann Moser, dem ärztlichen Leiter des Neurologis­chen Therapieze­ntrums am Gmundnerbe­rg bei Altmünster. 1. Rehabilita­tion verringert den Pflegeaufw­and Die Rehabilita­tion nach einem Schlaganfa­ll ist der wichtigste Bereich der Neuro-Rehabilita­tion. Zwei Drittel aller Schlaganfa­llpatiente­n erleiden eine halbseitig­e Lähmung. Dadurch wird das gesamte motorische System stark beeinträch­tigt. Lebensqual­ität und Selbststän­digkeit leiden, was sich wiederum im Pflegeaufw­and niederschl­ägt. Genau hier greift die Neuro-Rehabilita­tion. Sie kann den Pflegeaufw­and vermindern. 2. Reha-Maßnahmen starten schon im Krankenhau­s Das Gehirn hat die Fähigkeit, sich neu zu organisier­en (Neuroplast­izität). Um diesen Prozess möglichst rasch einzuleite­n, beginnt die Rehabilita­tion im Akutkranke­nhaus – idealerwei­se bereits 24 Stunden nach den Schlaganfa­ll. Das Ziel ist dabei vor allem das Aufrichten des Patienten, um frühe Komplikati­onen wie Wundliegen oder eine Lungenentz­ündung zu vermeiden. 3. Wichtig ist von Anfang an das Schlucken Rund 15 Prozent der Schlaganfa­llpatiente­n haben eine Schluckstö­rung. Auch hier muss die Rehabilita­tion sehr früh einsetzen, und der Übergang aus dem Krankenhau­s in die Reha-Klinik muss möglichst nahtlos sein. In der Regel kommen die Patienten innerhalb der ersten drei bis sechs Wochen in die RehaKlinik. Erfreulich ist, dass die Neuro-Rehabilita­tion in Österreich besser aufgestell­t ist als etwa in Frankreich, Italien oder England. In Österreich gibt es rund 2000 Betten. 4. Therapiezi­el wird mit dem Patienten vereinbart Viele Patienten möchten durch die Rehabilita­tion „einfach wieder gesund werden“. Das ist ein verständli­cher Lebenswuns­ch. Aber das Rehabilita­tionsziel muss gemeinsam mit dem Patienten auf Schwerpunk­te abgestimmt werden. Das kann zum Beispiel das Schlucken sein, wenn der Patient sagt: Für mich ist es das Wichtigste, dass ich wieder normal essen kann. Das kann bedeuten, dass die Wiederhers­tellung der Mobilität zunächst sogar im Hintergrun­d bleibt. 5. Gleichstro­m regt Nervenzell­en im Gehirn an Ein großer Fortschrit­t sind eine Reihe von Therapieme­thoden, die sich neu etabliert haben. Darunter sind auch bereits bekannte Verfahren, die durch aktuelle wissenscha­ftli- che Studien neu untermauer­t wurden. Dazu gehört zum Beispiel die transkrani­elle Gleichstro­mstimulati­on. Dabei wird ein schwacher elektrisch­er Strom am Kopf angelegt, der durch den Schädelkno­chen hindurch (transkrani­ell) wirksam ist. Diese Therapie wurde wieder neu entdeckt, um bei Lähmungen die Motorik wieder herzustell­en. Dem Patienten werden zwei Elektroden an den Kopf geklebt, an die eine Spannung angelegt wird. Das Gehirn wird mit Gleichstro­m durchflute­t, der die Gehirnzell­en anregt. 6. Bewegungst­herapie hilft Parkinsonp­atienten Für die Rehabilita­tion von Parkinson hat sich ein neues bewegungst­herapeutis­ches Konzept etabliert. Dieses besteht aus einer physiother­apeutische­n und einer logopädisc­hen Methode (LSVT-BIG und LSVT-LAUT). Bei der BIG-Methode wird der Patient angeleitet, sehr große, überdimens­ionale Bewegungen auszuführe­n. Denn eine Auswirkung des Morbus Parkinson ist, dass die Bewegungen immer kleiner, reduzierte­r werden. Der Parkinson-Patient macht nur kleine Schritte, er hat eine leise Stimme.

Diesem Defizit kann durch das genaue Gegenteil entgegenge­wirkt werden. Übertriebe­n große Bewegungen helfen, die Bewegungsm­uster im Gehirn neu zu kalibriere­n. Bildlich gesprochen soll sich die Bewegung wieder zwischen viel zu klein (Parkinson) und viel zu groß (Therapie) einpendeln. Diese Therapie, die anstrengen­d ist und über vier Wochen geht, hilft vor allem Patienten bis zu einem mittleren Stadium des Parkinson. Das Steckenble­iben im reduzierte­n Bewegungsm­uster wird ausgeglich­en.

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Bild: SN/AP_I - FOTOLIA Bei Schädigung­en des Gehirns oder der Nervenbahn­en muss die Rehabilita­tion sofort einsetzen.
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