Griechen erleben ein Duell der Generationen
Bei der Parlamentswahl am Sonntag trifft der junge Syriza-Star Alexis Tsipras auf den Altpolitiker Vangelis Meimarakis.
Bis vor einigen Wochen konnte Alexis Tsipras mit der Opposition zufrieden sein. Die konservative Nea Dimokratia (ND) steckte seit ihrer Wahlniederlage Ende Jänner in einer Führungskrise. Als Anfang Juli Vangelis Meimarakis die Nachfolge des endlich zurückgetretenen Parteichefs Antonis Samaras übernahm, sollte das nur eine Übergangslösung sein. Aber nun wendet sich das Blatt. Lag die ND noch im Juni in den Umfragen um fast 20 Prozentpunkte hinter dem Linksbündnis Syriza von Tsipras zurück, hat die Opposition inzwischen gleichgezogen. In der persönlichen Popularitätswertung bescheinigen einige Demoskopen dem ND-Chef sogar bessere Noten als Tsipras. Damit hatte Tsipras sicher nicht gerechnet, als er mit dem Rücktritt seiner Regierung die vorgezogenen Wahlen herbeiführte. Schließlich gehört Meimarakis aus seiner Sicht politisch zum alten Eisen. Der 62-jährige Kreter ist ein Berufspolitiker alter Schule. Seit 41 Jahren Parteimitglied, 26 Jahre im Parlament – Meimarakis ist ein Re- präsentant der alten politischen Elite, die Griechenland in den vergangenen Jahrzehnten mit Vetternwirtschaft und Schuldenmachen ruiniert hat. Ausgerechnet er wird Tsipras nun gefährlich.
Am Montagabend maßen die beiden Kontrahenten in einem TV-Duell ihre Kräfte. Zwei völlig unterschiedliche Charaktere trafen aufeinander. Meimarakis mit grauem Schnauzbart wirkt im direkten Vergleich zu dem 20 Jahre jüngeren Tsipras tatsächlich auf viele Griechen wie ein Mann von gestern. Rhetorisch ist er dem charismatischen Tsipras klar unterlegen. Doch seine joviale und volksnahe Art, seine schnörkellose, leicht schnoddrige Sprache kommt bei vielen Griechen gut an. Meimarakis spricht von der Notwendigkeit der Zusammenarbeit, plädiert für eine große Koalition, eine „politische Nationalmannschaft“, wie er sagt. Das ist ein kluger Schachzug, denn sieben von zehn griechischen Wählern wollen ein breit aufgestelltes Regierungs- bündnis, um die riesigen Probleme des Krisenlandes zu lösen. Tsipras hingegen lehnt eine große Koalition als „unnatürlich“ab.
In dem TV-Duell gab es keinen klaren Sieger, keinen eindeutigen Verlierer. Wer die Wahl gewinnen wird, ist weiterhin ungewiss. Aber eines ergab die Fernsehdebatte: Sowohl Tsipras wie Meimarakis gelobten, das Reformprogramm zügig umzusetzen.