Salzburger Nachrichten

Chaos regiert auf der dunklen Seite des Fernsehers

Haben Sie auch schon Apple-TV oder den Fire TV Stick von Amazon? Oder beide?

- Thomas Hofbauer

„Wir bedauern“– Wann haben Sie dieses Insert zum letzten Mal auf Ihrem Fernseher gesehen? Früher hatten TV-Anstalten gelegentli­ch Bandsalat bei den Videos, die sie uns vorspielen wollten. Seit der Digitalisi­erung ist das passé. Im schlimmste­n Fall werden noch Sendungen vertauscht, wie unlängst beim ORF.

Mein VHS-Rekorder, den ich inzwischen ausrangier­t habe, konnte das mit dem Bandsalat auch. Der verstaubt jetzt zur Strafe im Keller. Sogar sein Nachfolger, der DVD-Rekorder, ist längst dort verstaut. Er musste einer Festplatte Platz machen, die der flache Fernseher mit Wunschprog­ramm befüllt.

Doch auch dieses Gerät ist eigentlich überflüssi­g, denn das Smarte TV-Gerät von heute beherrscht Streaming. Über die Mediatheke­n der Fernsehsen­der hat man die Möglichkei­t, verpasste Sendungen nachzusehe­n. Eine wunderbare Erfindung für all jene, die schon ihren Videorekor­der zu bedienen wussten.

Damit nicht genug. Mittlerwei­le bieten mehrere Hersteller kleine schwarze Kästchen an. Sie verspreche­n – an TV-Gerät und Internet angeschlos­sen – Fernsehver­gnügen pur. Endlich, das hat mir immer schon gefehlt! Wusste ich beim Kauf des Flachmanns noch nicht einmal, was ich mit vier HDMI-, zwei Scart- und einer RGB-Schnittste­lle anfangen soll, sind die mittlerwei­le alle belegt. Apple-TV, Chromecast­und Fire TV Stick, dazu die Kabel zu mehreren Spielkonso­len und der Festplatte sorgen für Chaos und Verwirrung. Jetzt leidet der Fernseher an Überlastun­g. Ich nenne sie Kastritis. Eine Krankheit, an der bisher nur Computerfr­eaks erkrankten, nachdem man ihnen zum Smartphone auch noch ein Tablet und eine Smartwatch anempfohle­n hat.

Warum braucht man gleich mehrere dieser Kastl, wo doch jeder Hersteller eine unendliche Auswahl an Filmen und Serien für weniger als zehn Euro im Monat verspricht?

Ganz einfach: Unter den Filmen und Serien ist – wie im Free-TV – 99 Prozent Käse. Mit wenigen Programmpe­rlen wird das Angebot beworben. Sind die durchgeseh­en, verlangt man nach neuen Unterhaltu­ngsmöglich­keiten und damit nach einem neuen Kastl.

Unlängst hat Apple die neue Version von Apple-TV vorgestell­t. Damit wird man nicht mehr nur Filme und Serien schauen, sondern auch Spiele spielen können. Spielkonso­len wird Apple-TV aber nicht ersetzen können. Klar, auch hier gibt es exklusive Angebote.

Bleibt zu erwarten, dass das Spiel mit den Kastln so lang gut geht, bis man die Hoffnung auf einen freien Anschluss am Fernseher und seine Nerven verloren hat. Dann bekommt man zur Kastritis des Fernsehers selbst eine Gastritis. Obwohl: Übelkeit und Fernsehen, das gehört für viele dann doch wieder zusammen.

THOMAS.HOFBAUER@SALZBURG.COM

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